Nackt sein – Das gute Gefühl der Freiheit

Nackt sein | Beitragsbild

Definition:
Nackt zu sein ist ein unstetes Bild des Menschen, oft stilisiert oder verpönt – und meistens unzulänglich.

Nacktsein: fehlende Requisiten

Menschen in Badehose und Bikini.

Unser Kopfkino spielt Filme mit attraktiven Figuren ab, und – viel nackter Haut. Das ist es, was wir sehen wollen. Und so möchten wir auch selbst gesehen werden!

Doch dann der Filmriss; da sind: Nackte!

Klarer Fall, die Requisiten fehlen.

Vulva und Penis haben den Filmriss bewirkt; Nun bist du dem wahren Erscheinungsbild dieser Menschen ausgeliefert.

Also schnell in die Requisite mit ihnen, und Bikini und Badehose anziehen!

„Da müsste ich erst mal ins Fitnessstudio!“

Wie oft hören wir das?

Oder sagen es gar selbst!

Das ist bemerkenswert; bedeckte Genitalien entscheiden über deine Ästhetik:

Ja, mit Bikini und Badehose ist es durchaus erlaubt, „nackt“ zu sein – mit fehlender Badehose aber gehörst du zuvor ins Fitnessstudio.

Ich habe über diese Kommunikation nachgedacht, weil in ihr etwas nicht stimmt, vielleicht Verlogenes steckt.

Denn hier wird behauptet, dass die Ästhetik eines Menschen eine andere sei, wenn das Genital bedeckt ist.

– Was für ein Film! –

Es ist nicht so, dass die Ästhetik im Bikini nicht sichtbar ist, und es damit fürs Nacktsein folgerichtig wäre, erst einmal ins Fitnessstudio zu müssen.

Die Vorbehalte gegen das Nacktsein halte ich daher für vorgeschoben, im Grunde verlogen:

  • Scham
  • Angst vor Ablehnung
  • Sittsamkeit und Prüderie
  • Anstrich von Würde

Von mir aus; nur die Ästhetik

sie ist es nicht!

Warum?

Weil die Ästhetik sich nicht erst am Genital entscheidet.

Was, wenn du gerne nackt bist?

Angenommen, du entsprichst unserem Schönheitsideal:

Müsstest du nicht unbescholten nackt sein dürfen?

Schließlich hast du eine reizende Figur, also musst du dich nicht verstecken.

Es gibt viele Menschen, die dem Schönheitsideal recht nahe kommen; und die auch gerne nackt sind.

Doch auch du machst dich wohl kaum zu einem nackten Spaziergang auf; schließlich wird es dir nicht per se zugestanden – auch nicht mit einer noch so guten Figur.

Und da liegt er auch, der blinde Fleck:

Zwar wird immerzu geraten, dass man sich so zeigen solle, wie man sei;
gedacht ist dieser Rat jedoch mit den Requisiten des Kopfkinos.

So what!

Nackt zu sein heißt auch: dass du dich so zeigst, wie du bist.

Deine Mitmenschen dürfen gerne lernen, was ihr Rat mitunter bedeutet.

Schließlich kann es nicht darum gehen, ob du dem Schönheitsideal entsprichst oder nicht, sondern:

ob du dich nackt wohler fühlst.

Ohne Scham nackt sein

Doch viele Menschen sind nicht aufgeklärt; sie denken an Voyeurismus oder gar Exhibitionismus.

Das ist ein Vor- und Fehlurteil.

Zeige deshalb, dass es dir um das wunderbare Gefühl der Freiheit geht, wenn du nackt bist;

  • dass du dich frei fühlst, wenn du nackt bist,
  • dass du nackt bist, wenn du dich frei fühlst.

Frei nackt zu sein heißt, keine Körperscham im öffentlichen Raum zu haben:

Es gibt kein Körperteil, für das du dich – allein, weil es vorhanden ist, – schämen solltest.

Klingt plausibel?

Nun, diese Einsicht schließt die Genitalien mit ein…

– gleichwohl das manierliche Kopfkino einen anderen Film zeigt.

Begründen Genitalien kriminelles Handeln?

Beleuchten wir diese Frage mit einem Gedankenexperiment:

Stell dir vor, wir müssten einen Körperteil von uns in der Öffentlichkeit verbergen – nicht Vulva oder Penis, sondern beispielsweise unsere Ohren.

Im Ergebnis würde das längerfristig dazu führen, dass du dich entweder für deine Ohren genierst – oder dass du darunter leidest, dass du dich dafür genieren sollst.

Und weiter:

Versteckt irgendjemand seine Hände, weil sie grausame Dinge verrichten, oder seinen Mund, weil mit ihm schlimme Dinge gesagt werden können?

Natürlich nicht.

Ist es dann aber ein guter Grund den Penis zu verbergen, weil es Männer gibt, die sexuelle Straftaten begehen …?

Nackt zu sein hat noch weniger mit kriminellen Handlungen zu tun wie ein Küchenmesser mit einem Mord.

Warum?

Sexualstraftäter sind nicht nackt, wenn sie auf offener Straße ihre Opfer aussuchen (mir ist keiner bekannt);

und Textilien schützen nicht vor Vergewaltigungen.

Heißt nackt sein, entblößt sein?

Wenn wir die Kleidung in ihrer Funktion begreifen, also sehen, dass sie uns beispielsweise bei Arbeiten vor Verletzungen und bei niederen Temperaturen vor Kälte schützen kann,

und wenn wir diese Tatsache ernst nehmen,

dann stellen wir es nicht infrage, dass du die entsprechende Kleidung trägst.

Warum aber sollte das anders sein, wenn die Kleidung keine Funktion erfüllt und du deshalb nackt bist?

Überlege: die Genitalien machen einen Bruchteil des Prozentsatzes an Haut aus, die der menschliche Körper hat.

Wer also „viel Haut“ zeigt, entblößt sich nicht erst mit seinen Genitalien.

Die Verhüllung von Penis und Vulva ist purer Selbstzweck und die (Bade‑)Hose also kein Mittel zum Zweck des Badens, Sonnens, Spazierens oder Sporttreibens.

Was Nacktsein für Kinder heißt

Der Mensch ist nicht entblößt oder nackt, nur weil oder sobald seine primären Geschlechtsteile zu sehen sind.

Bei Kindern ist das gut zu beobachten, weil sie nackte Menschen nicht als entblößt wahrnehmen;

ein Informationsgehalt der Blöße wegen sichtbarer Genitalien ergibt sich für sie nicht.

Und doch gelte es, gerade Kinder vor Nacktheit zu schützen.

Aber wovor soll geschützt werden?

  • Vor einem Menschen?
  • Vor einem Körperteil?
  • Vor Vulva und Penis?

„Kleider machen Leute – aber sie machen nicht den Menschen.“

Dieses Zitat von Othmar Cappelmann deckt eine unfreiwillige Komik auf:

Bestimmt hast du schon beobachtet, wie sich jemand im Freibad ungeniert umzieht.

Aber wäre es nicht einfacher,

die Badekleidung für den Wassergang kurz auszuziehen und sie dann wieder trocken anzuziehen?

Wäre das nicht ehrlicher,

da doch im Moment des Umziehens ohnehin alles zu sehen ist?!

Menschlich ist es, nackt zu sein; leutlich der Glaube, dass der Bikini manierlich sei.

Nackt zu sein ist deine Selbstbestimmung

Frei von Kleidung sein,

  • ohne dabei als anstößig empfunden zu werden,
  • ohne dass „nackt“ im übertragenen Sinn als verletzlich oder entblößt angesehen wird,

beschreibt einen so subtilen wie gewichtigen Aspekt der Selbstbestimmung des Menschen.

Wird sie in Frage gestellt, so werden auch bei anderen Anliegen die tieferliegenden Mechanismen nicht verstanden,

die sich aber bei deren Kenntnis im Grunde bekämpfen ließen.

Bei Homosexuellen, Divers-Geschlechtlichen, ethnischen Minderheiten oder Transsexuellen spielt das Gesehen-werden-Dürfen die entscheidende Rolle im Kampf um ihre Gleichberechtigung und gesellschaftliche Akzeptanz.

Es gibt aber keinen Grund, warum das beim redlichen Nacktsein anders sein sollte, warum das Recht darauf abzusprechen sei.

Man muss sich bewusst machen, dass Rechte nur in einer ebenso heterogenen wie egalitären Gesellschaft Sinn machen. Wie könnte man beispielsweise von den Rechten schwuler Menschen sprechen, wenn ihnen dort, wo es niemand sieht, zugestanden wird, ihre Zuneigung zu zeigen, nicht aber in der Öffentlichkeit?

Warum also solltest du nur hinter blickdichten Zäunen nackt sein dürfen?

Fazit

Du kannst nur sittenwidrig handeln, nicht aber sittenwidrig sein!

Nackt sein heißt dann, dass du niemals für deine leibliche Erscheinung in Frage gestellt, ausgelacht, als abnormal behandelt und schließlich diskriminiert werden darfst.

Zudem habe ich noch nie einen solch hässlichen Menschen gesehen, dass es gerechtfertigt erschiene, allen Menschen das Recht auf selbstbestimmtes Nacktsein zu verwehren;

und wenn es solche hässlichen Menschen gäbe,

dann fiele die Akzeptanz ihrer Nacktheit in den Bereich der Toleranz und Achtung der Menschenwürde.

Nackt sein ist ein natürlicher Wunsch, sich für nichts an sich selbst schämen zu müssen,

es ist der Wunsch, dem herrschenden Schönheitsideal nicht entsprechen zu müssen,

der Wunsch, zu spüren, unbekleidet nicht anders behandelt und akzeptiert zu werden wie bekleidet;

der Wunsch schließlich, wie ein Mensch gesehen zu werden.

Wenn du tief in dein Herz hineinspürst, spürst du Liebe. Ganz tief drinnen bist du Liebe. Diese Liebe leuchtet als Licht und deshalb möchtest du wirklich gesehen werden.

David Deida (2022). Du bist Liebe, S. 13

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Einfach nackig sein. Frei und normal. Ein Traum…? Von wegen!