Definition:
Nackt zu sein ist ein unstetes Bild des Menschen, oft stilisiert oder verpönt – und meistens unzulänglich.
Nacktsein: fehlende Requisiten
Menschen in Badehose und Bikini.
Unser Kopfkino spielt Filme mit attraktiven Figuren ab, und – viel nackter Haut. Das ist es, was wir sehen wollen. Und so möchten wir auch selbst gesehen werden!
Doch dann der Filmriss; da sind: Nackte!
Klarer Fall: die Requisiten fehlen.
Vulva und Penis haben den Filmriss bewirkt; Nun bist du dem wahren Erscheinungsbild dieser Menschen ausgeliefert.
Also schnell in die Requisite mit ihnen, und Bikini und Badehose anziehen!
„Da müsste ich erst mal ins Fitnessstudio!“
Wie oft hören wir das?
Oder sagen es gar selbst!
Das ist bemerkenswert; bedeckte Genitalien entscheiden über deine Ästhetik:
Ja, mit Bikini und Badehose ist es durchaus erlaubt, „nackt“ zu sein – mit fehlender Badehose aber gehörst du zuvor ins Fitnessstudio.
Ich habe über diese Kommunikation nachgedacht, weil in ihr etwas nicht stimmt, vielleicht Verlogenes steckt.
Denn hier wird behauptet, dass die Ästhetik eines Menschen eine andere sei, wenn sein Genital bedeckt ist.
– Was für ein Kopfkino! –
Es ist jedoch nicht so, dass die Ästhetik im Bikini oder in der Badehose nicht sichtbar ist, und es damit fürs Nacktsein folgerichtig wäre, erst einmal ins Fitnessstudio zu müssen.
Die ästhetischen Vorbehalte gegen das Nacktsein halte ich daher für vorgeschoben, im Grunde verlogen:
- Scham
- Angst vor Ablehnung
- Sittsamkeit und Prüderie
- Anstrich von Würde
Von mir aus; auch allein die Ästhetik
– aber sie ist es nicht!
Warum?
Weil die Ästhetik sich nicht am Genital entscheidet.
Der Beginn des Lebens: Dein Genital im Fokus
„Wir kommen alle nackt zur Welt!“ – Das ist eine Erkenntnis, die in gesellschaftlichen und kulturellen Auseinandersetzungen oft zu hören ist und wohl als Konsens gelten darf. Und doch geraten dabei die genitalen Organe, die für das Zur-Welt-Kommen eine wesentliche Rolle spielen, im Rahmen von Gesellschaft und Kultur auf wundersame Weise aus dem Blick: die Vagina und Vulva des gebärenden Menschen als Tür und Tor zur Welt sowie die Genitalien des geborenen Menschen als die allerersten Signifikanten seiner geschlechtlichen Identität, wie sie in unserer Kultur gesetzt ist.
Wenn uns jemand sagt, dass er bald ein Kind bekommt und Vater oder Mutter wird, und dabei stolz auf den schwangeren Bauch zeigt, dann gratulieren wir umgehend. Eltern werden ist etwas, was in unserer Gesellschaft gefeiert wird; ein Kind gebären ist etwas völlig Natürliches und gibt meist Anlass zu allgemeiner Freude. Warum aber sind unsere Genitalien, die dieses Glück erst möglich machen, ja auf die wir im Moment des Zur-Welt-Kommens so sehr schauen, so sehr mit Scham besetzt und negativ belegt, als ob sie etwas Unreines, etwas Schlimmes wären, für das wir uns schämen müssten? Wie kommt es zu dieser Liaison von Tabu und Freude? Zum Tabu über die der Freude beiwohnenden Ursachen und zur Freude über die dem Tabu zugrunde liegende Wirkung? Sprich: Warum stehen die Genitalien eines jeden neugeborenen Menschen im Fokus und Zentrum unserer Gesellschaft und Kultur, nur um gleich nach der Geburt mit einem mehr oder weniger ausdrücklichen Verbot versehen zu werden, das untersagt, sie in den Blick zu nehmen? Wie kommt es, dass sie auch ganz ohne Fokussierung, etwa wenn wir einfach nur nackt sind, nicht in unser Blickfeld geraten dürfen?
Was, wenn du gerne nackt bist?
Angenommen, du entsprichst unserem Schönheitsideal:
Müsstest du nicht unbescholten nackt sein dürfen?
Schließlich hast du eine reizende Figur, also musst du dich nicht verstecken.
Es gibt viele Menschen, die dem Schönheitsideal recht nahe kommen; und die auch gerne nackt sind.
Doch auch du machst dich wohl kaum zu einem nackten Spaziergang auf; schließlich wird es dir nicht per se zugestanden – auch nicht mit einer noch so guten Figur.
Und da liegt er auch, der blinde Fleck:
Zwar wird immerzu geraten, dass man sich so zeigen solle, wie man sei;
gedacht ist dieser Rat jedoch mit den Requisiten des Kopfkinos.
So what!
Nackt zu sein heißt auch: dass du dich so zeigst, wie du bist.
Deine Mitmenschen dürfen gerne lernen, was ihr Rat mitunter bedeutet.
Schließlich kann es nicht darum gehen, ob du dem Schönheitsideal entsprichst oder nicht, sondern:
ob du dich nackt wohler fühlst.
Ohne Sichtschutz: Mit Vulva und Penis unterwegs
Was ist an den Genitalien so anstößig, dass wir sie gemeinhin verstecken, obwohl sie doch der Grund schlechthin für die Möglichkeit der Freude über ein neues Leben und der Sicherung unseres Fortbestands sind? Sind sie nicht Körperteile, auf die wir stolz sein dürfen? Warum dürfen sie dann aber nicht gezeigt werden wie andere Körperteile auch? Und warum dürfen sie nicht optisch betont oder auch geschmückt werden? Warum sollten gerade sie nicht weit eher Schmuck zur Zierde verdienen als jedes andere Körperteil?
Du darfst das gerne anders empfinden. Aber warum sollten grundsätzlich Menschen ihre Vulva, ihren Penis oder ihr Genital gemeinhin nicht hervorheben und schmücken dürfen, wenn sie sie als etwas Schönes und Bedeutendes empfinden, für das sie sich nicht schämen wollen? Falls du gerne nackt bist, dein Genital aber weder schmücken noch hervorheben willst, dann kannst du etwa deine Behaarung an oder über deinem Penis oder deiner Vulva so lassen, wie sie ist, quasi in der Funktion eines natürlichen Sichtschutzes. Du kannst diese Behaarung aber auch stutzen oder abrasieren, weil du das Gefühl der Freude an deinem Genital noch mehr spüren und nach außen zum Ausdruck bringen willst. Eine Rasur ist grundsätzlich an jeder (anderen) Stelle des Körpers erlaubt und völlig normal und auch in allen Fällen gemeinhin gerne gesehen, solange sie einem gepflegten Erscheinungsbild dient.
Wenn Schmuck gemeinhin erlaubt ist und oft gar als positiv angesehen wird, warum sollte das bei deinen Brüsten, deinem Penis oder deiner Vulva anders sein? Sind wir einmal ehrlich: Ist nicht schon fast jedes Bikinioberteil Schmuck, das Brüste mindestens so reizvoll oder oft noch reizvoller macht als ohne den sie halb bedeckenden Stoff? Sind die halbnackten Pobacken nicht oft ansprechender als das ganze Hinterteil? Oder ist die durch den Penis verursachte Ausbuchtung in Unter- oder Badehosen oft nicht die Zierde eines (vermuteten) Gegenstandes, der bei Sichtbarkeit schnell an Größe verlieren kann? Auch die Vulva zeichnet sich in engen Leggins oft bis ins Detail ab, und nicht selten ist das kein Versehen, sondern vielmehr eine durchaus bewusste Entscheidung. Offensichtlich liegt manchen daran, ihr Genital zu betonen, auch wenn es von Stoff bedeckt ist.
Worauf ich damit hinaus will? Mir geht es darum zu zeigen, dass das oft bemühte Argument, man wolle ja nicht alles sehen, ein sittenheuchlerischer Analogismus ist, unter dessen Deckmantel das schambehaftete Objekt gerade durch seine „Verhüllung“ insgeheim öffentlich zugänglich gemacht wird. Das Verquere dieser Argumentation kannst du dir rasch klarmachen, wenn du es logisch aufschlüsselst: Die Sitte, unsere Genitalien dem öffentlichen Blick zu entziehen (A), steht in der strukturellen Funktion unserer Kultur, sie zu verhüllen (B). Die Verhüllung wiederum ist ein Symptom (Scham) der Sitte aus A (C). Also ist auch der Sitte (A) das Symptom (C) zuzuschreiben. In die Formel gebracht sieht das so aus:
- A hat Ähnlichkeit mit B.
- B hat die Eigenschaft C.
Also hat auch A die Eigenschaft C.
Siehe dazu gerne bei Wikipedia nach: „Objekte können dabei Wesen, Dinge oder Phänomene sein, die Ähnlichkeit kann in anderen Eigenschaften, Symptomen, Strukturen, Relationen und Funktionen bestehen.“
Als Philosoph sehe ich hier im Schmuck klar das unterbewusste Rüstzeug am Werk, sich auf sittlich unbescholtene Art und Weise der Sitte (A) zu widersetzen. Der Schmuck (B) als solcher ist dabei nicht zu verurteilen. Problematisch ist aber die heuchlerische Sittentreue bei gleichzeitig mangelnder Beweiskraft des hier aufgezeigten Fehlschlusses.
Vor diesem Hintergrund macht es in unserer kulturellen Sitte nun aber keinen Sinn, ohne Schmuck nicht nackt sein zu dürfen oder zu wollen (!), wenn es doch geradewegs der die sogenannte „Scham“ bedeckende Schmuck ist, der das tabuisierte Genital durch die Hintertür wieder hereinlässt. Vielmehr sollte es deine eigene freie Entscheidung sein, ob du dich nackt zeigst oder nicht, ebenso wie es ganz bei dir liegen sollte, ob du dich dabei schmückst oder nicht. Denn das Piercen der Brustwarzen und des Intimbereichs, was heute immer häufiger zu sehen ist, ist mehr als nur das Tragen eines Schmucks, weil hierfür eine viel größere Hürde genommen werden muss. Der Gang zum Piercer und das (schmerzhafte) Durchbohren der Brustwarze, der Eichel oder der Vulva, um einen bleibenden Tunnel für den Schmuck zu erstellen, ist eine wohlüberlegte Entscheidung, die ja nur dann Sinn macht, wenn man dieses Piercing auch zeigen kann und zeigen möchte.
Unter Naturisten oder FKKlern ist dem Vernehmen nach öfters die Rede davon, dass man sich nicht gegenseitig in der Nacktheit betrachte, sondern nur einander in die Augen schaue. Das muss nach dem eben Gesagten aber eher verwundern. Wenn Nacktheit als etwas Natürliches propagiert wird und es heißt, der Körper sei als Einheit oder Ganzes zu betrachten, wäre es doch folgerichtig, sich nicht nur krampfhaft ins Gesicht zu schauen, sondern bewusst sein Wissen zuzulassen, dass sich die eigenen und die Blicke anderer keineswegs auf die Augen des Gegenübers beschränken.
Natürlich ist mir der eigentliche Sinn dieser Regel klar: Es geht darum, sein Gegenüber nicht anzustarren und schon gar nicht allein auf dessen Genitalien zu stieren. Unhöflich ist das auch dann schon, wenn wir es im bekleideten Zustand tun. Als Grundregel hat sie daher ihre Richtigkeit, und im Bereich des naturistischen Nacktseins zeigt sie auf, dass wir uns als Menschen betrachten und nicht so sehr als Träger von Geschlechtsorganen. Bei aller Beherzigung dieser Regel möchte ich aber doch darauf hinweisen, dass ein Blick auf den ganzen Menschen durchaus in Ordnung ist und nichts mit Voyeurismus zu tun haben muss.
Ein starkes Selbstbewusstsein besitzt nun wohl eine Person, die ihren gesamten Körper umstandslos zeigt und es so anderen erlaubt, sie als Mensch mit all seinen persönlichen Vorlieben (rasiert, gepierct, beschnitten, tätowiert, mit zurückgezogener Vorhaut, …) zu erfassen. Ihrer Nacktheit, so darf wohl mit Recht behauptet werden, wohnt auch ein Gesehen-werden-Wollen inne. Wenn du das nicht willst, wenn du darauf verzichtest, dich so zeigen zu wollen, nur um dich vor der Bewertung anderer zu schützen, dann kannst du keine Freiheit erlangen. Geübten FKKlern zufolge spielt es schließlich keine Rolle, ob du dick, dünn oder faltig bist oder sonst einen „Makel“ oder, anders ausgedrückt, eine körperliche Besonderheit oder Divergenz hast. Wirklich frei bist du erst dann, wenn du den Blick auf die Merkmale deines gesamten Körpers nicht scheust.
Unterschiedlich gewachsene Brüste oder auch eine fehlende Brust, ein krummer Penis oder zwei – all das sollte angesichts der Bekundung, dass man sich angeblich doch nur in die Augen schaue, ohnehin völlig belanglos sein. Worin liegt also der Sinn, die natürliche Nacktheit einerseits zuzulassen und zu genießen, um sie andererseits in der Begegnung mit anderen zugleich auszuklammern?
Um einem möglichen Missverständnis vorzubeugen: Mir geht es um keine Legitimation dafür, sich gehen zu lassen und beispielsweise keine Körperpflege zu betreiben. Nacktheit ist etwas völlig Natürliches. Natürlichkeit beinhaltet aber auch Pflege. Hornhautvergilbte Füße mit langen krummen Fußnägeln gehen meiner Meinung nach gar nicht. Ich begegne ihnen aber leider immer mal wieder etwa in Schwimmbädern oder in der Sauna. Aber auch hier ist Toleranz gefragt. Sofern die mangelnde Hygiene oder Ästhetik andere Menschen nicht gefährdet, sollte sie nicht per se ein Grund zur Ausgrenzung sein.
Ohne Scham nackt sein
Doch viele Menschen sind nicht aufgeklärt; sie denken an Voyeurismus oder gar Exhibitionismus.
Das ist ein Vor- und Fehlurteil.
Zeige deshalb, dass es dir um das wunderbare Gefühl der Freiheit geht, wenn du nackt bist;
- dass du dich frei fühlst, wenn du nackt bist,
- dass du nackt bist, wenn du dich frei fühlst.
Frei nackt zu sein heißt, keine Körperscham im öffentlichen Raum zu haben:
Es gibt kein Körperteil, für das du dich – allein, weil es vorhanden ist, – schämen solltest.
Klingt plausibel?
Nun, diese Einsicht schließt die Genitalien mitein…
– gleichwohl das manierliche Kopfkino einen anderen Film zeigt…
Wie wäre es mit einem Filmriss: Lasse das kurze ungenierte Umziehen doch mal sein, lass die Badehose für den Wassergang aus, dann hast du anschließend eine trockene. Das wäre ein nackiger Anfang! Lass den Bikini einfach weg, anstatt deine zu drei Viertel sichtbare Brust mit einem hübschen Textilstück zu untermalen und die halb sichtbaren Pobacken noch hervorzuheben? Jedenfalls ist nicht einzusehen, dass du mit Bikini geschützter oder auch sittlicher sein solltest.
Lerne nackt zu sein!
Begründen Genitalien kriminelles Handeln?
Beleuchten wir diese Frage mit einem Gedankenexperiment:
Stell dir vor, wir müssten einen Körperteil von uns in der Öffentlichkeit verbergen – nicht Vulva oder Penis, sondern beispielsweise unsere Ohren.
Im Ergebnis würde das längerfristig dazu führen, dass du dich entweder für deine Ohren genierst – oder dass du darunter leidest, dass du dich dafür genieren sollst.
Und weiter:
Versteckt irgendjemand seine Hände, weil sie grausame Dinge verrichten, oder seinen Mund, weil mit ihm schlimme Dinge gesagt werden können?
Natürlich nicht.
Ist es dann aber ein guter Grund den Penis zu verbergen, weil es Männer gibt, die sexuelle Straftaten begehen …?
Nackt zu sein hat noch weniger mit kriminellen Handlungen zu tun wie ein Küchenmesser mit einem Mord.
Warum?
Sexualstraftäter sind nicht nackt, wenn sie auf offener Straße ihre Opfer aussuchen (mir ist keiner bekannt);
und Textilien schützen nicht vor Vergewaltigungen.
Jetzt lesen:
> > > Nackt in Deutschland – was ist wirklich erlaubt?
> > > Verhandlung wegen Nacktspaziergangs
Heißt nackt sein, entblößt sein?
Wenn wir die Kleidung in ihrer Funktion begreifen, also sehen, dass sie uns beispielsweise bei Arbeiten vor Verletzungen und bei niederen Temperaturen vor Kälte schützen kann,
und wenn wir diese Tatsache ernst nehmen,
dann stellen wir es nicht infrage, dass du die entsprechende Kleidung trägst.
Warum aber sollte das anders sein, wenn die Kleidung keine Funktion erfüllt und du deshalb nackt bist?
Überlege: die Genitalien machen einen Bruchteil des Prozentsatzes an Haut aus, die der menschliche Körper hat.
Wer also „viel Haut“ zeigt, entblößt sich nicht erst mit seinen Genitalien.
Die Verhüllung von Penis und Vulva ist purer Selbstzweck und die (Bade‑)Hose also kein Mittel zum Zweck des Badens, Sonnens, Spazierens oder Sporttreibens.
Was Nacktsein für Kinder heißt
Der Mensch ist nicht entblößt oder nackt, nur weil oder sobald seine primären Geschlechtsteile zu sehen sind.
Bei Kindern ist das gut zu beobachten, weil sie nackte Menschen nicht als entblößt wahrnehmen;
ein Informationsgehalt der Blöße wegen sichtbarer Genitalien ergibt sich für sie nicht. Kinder betrachten nackte Menschen und sich selbst als Menschen, ohne dass sich für sie ein Problem auftäte.
Und doch gelte es, gerade Kinder vor Nacktheit zu schützen.
Aber wovor soll geschützt werden?
- Vor Menschen?
- Vor sich selbst?
- Vor einem Körperteil?
- Vor Vulva und Penis?
„Kleider machen Leute – aber sie machen nicht den Menschen.“
Dieses Zitat von Othmar Cappelmann deckt eine unfreiwillige Komik auf:
Bestimmt hast du schon beobachtet, wie sich jemand im Freibad ungeniert umzieht.
Aber wäre es nicht einfacher,
die Badekleidung für den Wassergang kurz auszuziehen und sie dann wieder trocken anzuziehen?
Wäre das nicht ehrlicher,
– da doch im Moment des Umziehens ohnehin alles zu sehen ist?!
Menschlich ist es, nackt zu sein; ein Irrglaube von Leuten, dass der Bikini manierlich sei.
Wozu atmungsaktive Kleidung anziehen, wenn sie den Transpirationseffekt nicht leisten?
Gängige Praxis ist, sich während des Sports möglichst vieler Kleidungsstücke zu entledigen – da frage ich mich schon, was der Firlefanz soll, die Hose oder den Top auf Biegen und Brechen anzulassen: als ob das Schwitzen im Genitalbereich oder an der Brust nichts ausmachen würde…
Dabei zeichnet es den Menschen aus, seine Kleidung nach Bedarf an-, aber auch wieder auszuziehen – ein meist übersehener Unterschied gegenüber dem Tier, dem das nicht zu Gebote steht. Nutzen wir doch diesen Vorteil, dann wird Spiel, Sport und Alltag zu echt menschlicher Freiheit!
Nackt zu sein ist deine Selbstbestimmung
Frei von Kleidung sein,
- ohne dabei als anstößig empfunden zu werden,
- ohne dass „nackt“ im übertragenen Sinn als verletzlich oder entblößt angesehen wird,
beschreibt einen so subtilen wie gewichtigen Aspekt der Selbstbestimmung des Menschen.
Wird sie in Frage gestellt, so werden auch bei anderen Anliegen die tieferliegenden Mechanismen nicht verstanden,
die sich aber bei deren Kenntnis im Grunde bekämpfen ließen.
Bei Homosexuellen, Divers-Geschlechtlichen, ethnischen Minderheiten oder Transsexuellen spielt das Gesehen-werden-Dürfen die entscheidende Rolle im Kampf um ihre Gleichberechtigung und gesellschaftliche Akzeptanz.
Es gibt aber keinen Grund, warum das beim Nacktsein anders sein sollte, warum das Recht darauf abzusprechen sei.
Man muss sich bewusst machen, dass Rechte nur in einer ebenso heterogenen wie egalitären Gesellschaft Sinn machen. Wie könnte man beispielsweise von den Rechten schwuler Menschen sprechen, wenn ihnen nur dort, wo es niemand sieht, zugestanden wird, ihre Zuneigung zu zeigen, nicht aber in der Öffentlichkeit?
Warum also solltest du nur hinter blickdichten Zäunen nackt sein dürfen?
Fazit
Du kannst nur sittenwidrig handeln, nicht aber sittenwidrig sein!
Nackt sein heißt dann, dass du niemals für deine leibliche Erscheinung in Frage gestellt, ausgelacht, als abnormal behandelt und schließlich diskriminiert werden darfst.
Zudem habe ich noch nie einen solch hässlichen Menschen gesehen, dass es gerechtfertigt erschiene, allen Menschen das Recht auf selbstbestimmtes Nacktsein zu verwehren;
und wenn es solche hässlichen Menschen gäbe, dann fiele die Akzeptanz ihrer Nacktheit in den Bereich der Toleranz und Achtung der Menschenwürde.
Ganz einfach – eigentlich…
Nackt sein ist ein natürlicher Wunsch, sich für nichts an sich selbst schämen zu müssen,
es ist der Wunsch, dem herrschenden Schönheitsideal nicht entsprechen zu müssen,
der Wunsch, zu spüren, unbekleidet nicht anders behandelt und akzeptiert zu werden wie bekleidet;
der Wunsch schließlich, wie ein Mensch gesehen zu werden.
Lese bei der BARMER > > > Warum nackt sein Körper und Psyche guttut
Wenn du tief in dein Herz hineinspürst, spürst du Liebe. Ganz tief drinnen bist du Liebe. Diese Liebe leuchtet als Licht und deshalb möchtest du wirklich gesehen werden.
David Deida (2022). Du bist Liebe, S. 13
Ich würde so gern in ländlicher Gegend ganz normal einfach nur nackt spazieren wollen ohne zu provozieren wollen, aber unser Gummiparagraph macht immer eine Anzeige dagegen möglich was viel Geld kosten kann.
Deshalb wage ich es nicht diesen einfachen Wunsch zu leben
Liebe Grüße von Thomas
Hallo Thomas,
ich lebe auch in ländlicher Gegend. Mir erging es so wie Ulrich. Ich spazierte meine gewohnte Wanderstrecke nicht weit weg von meinem Zuhause.
Es war Sommer 2021 als ich diese Strecke wieder mal lief und ich hatte das Bedürfnis, mich nackt zu machen. Gesagt getan zog ich mich aus. Da ich eh nur mit einer kurzen Hose und einem Shirt bekleidet war, nahm ich Hose und Shirt einfach in die Hand und lief die gewohnte Strecke einfach nackt. Es war ein unbeschreibliches Gefühl. Ich muss allerdings dazu sagen, dass ich schon immer das Bedürfnis hatte (schon als Kind) nackt zu sein. Ich steigerte diese Vorhaben noch, indem ich längere Wanderungen und auch Radtouren unternahm. Mittlerweile bin ich nackt so oft es geht. Zuhause, in der Natur und auch beim Baden. Ich will dir mit diesem Bericht Mut zusprechen, es einfach zu tun. Ich hatte bei all meinen Unternehmungen nie Probleme mit anderen Menschen, die mir begegnet sind. Naturistische Grüße, Reiner
Es ist schon merkwürdig, in unserem Freibad ziehe ich mich auf der Wiese im stehen um. Jeder kann mich nackt sehen. Der Schwimmmeister und die Badegäste scheint es nicht zu stören.
Auch eine Frau hat sich so mal auf der Wiese umgezogen.
Im Wasser hat man dann eine Badehose an. Auf der Wiese, für alle sichtbar, ziehe ich mich wieder um. Warum geht man dann nicht nackt ins Wasser?
In den öffentlich – rechtlichen Fernsehen sieht man manchmal auch nackte Menschen (Sendung über Naturismus, FKK-Tag ein französischer Film im Arte). Das wird dann geduldet. Aber nicht, wenn man einen nackten Menschen begegnet.
Hallo Michael,
so sehe ich das auch, aus unserer Perspektive echt irrwitzig!
Nacktheit im öffentlichen Raum ist in Deutschland grundsätzlich erlaubt; es sei denn, sie ist per öffentlicher Erklärung (Schilder, Plakate, usw.) ausdrücklich verboten.
Im nichtöffentlichen – also privaten oder kommunalen Raum – bestimmt das Hausrecht die Bekleidungsregeln. Da in Deutschland mehrheitlich das Erziehungskonzept gilt, fast immer Bekleidung zu tragen, entsteht in der Öffentlichkeit der Eindruck, nackt im öffentlichen Raum zu sein, sei unangemessen, man tue es nicht. Wer die Idee der Aufklärung ernst nimmt und sich seines Verstandes bemüht oder den oben im Blog dargelegten Überlegungen folgt, macht folgende Erfahrung – wie ich und viele andere:
Nacktheit wird von der großen Mehrheit in Deutschland toleriert und auch von vielen akzeptiert (für angemessen empfunden) und je häufiger Nacktheit i. ö. Raum erlebt wird, desto selbstverständlicher wird diese als völlig in Ordnung verstanden. Das sind ganz konkrete eigene Erfahrungen aus nun jahrelangen Nacktwanderungen oder nacktem Baden in öffentlichen Gewässern usw. Völlig problemlos kann man sich bei solchen Gelegenheiten in nacktem Zustand mit ggf. Bekleideten unterhalten oder gemeinsam z. B. Wandern.
Die Erich Kästner zugeschriebene Äußerung – auch auf NUDARE AUDE zitiert – „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“, bestätigt sich auch für mich im Zusammenhang mit der hier diskutierten Nacktheit gleich doppelt: Es tut gut, z. B. nackt zu wandern und es ist im Sinne der Aufklärung (der [noch] nicht nackt lebenden Menschen) gut, in der Öffentlichkeit vorzuführen und damit zu zeigen, dass Nacktheit weitgehend toleriert und auch akzeptiert wird.
Und eine persönliche Empfehlung – TRAUT EUCH. Denn vor Kästner gab es schon Thukydides und der schrieb (ebenfalls von Ulrich zitiert):
Das Geheimnis des Glücks ist die Freiheit,
das Geheimnis der Freiheit ist der Mut.
Thukydides * vor 454 v. Chr.; † wohl zwischen 399 v. Chr. und 396 v. Chr.) war ein aus aristokratischen Verhältnissen stammender Athener Stratege, vor allem aber einer der bedeutendsten antiken griechischen Geschichtsschreiber.
Danke, Alexandra, für das Teilen deiner Gedanken!
PS für alle: Wer etwas fett gedruckt haben möchte, melde sich gerne bei mir. 🙂
Ich stimme zu: Badekleidung verdeckt eigentlich nichts, weder bei Frauen noch bei Männern. Der Unterschied ist, dass man nackt einfach nichts dabei denkt. Hübsche Bikinioberteile heben die weiblichen Formen erst hervor, und – mal ehrlich – manche eine Badehose oder Bikini gibt der Fantasie mehr Futter als schlichte Nacktheit.
Ich habe als Teenager aufgehört, mich beim Umkleiden am Strand zu verstecken. Und heute fällt auch das Umkleiden weg.
Die Menschen, denen ich nackt unter Nackten begegnet bin, haben keine Scheu, auch wenn sie dem allgemeinen Schönheitsideal recht weit entfernt waren. Das ist egal, und auch keine Badekleidung versteckt da etwas.
Und die manchmal als Argument vorgeschobenen Kinder, denen der Anblick erspart werden sollte, haben die geringsten Probleme.
Ich war letztes Jahr häufig nackt wandern. Keine „Notfallkleidung“ dabei. Und wenn ich Menschen begegnete, war es entspannt und freundlich. Nur die erste Begegnung mit einem Wanderpaar auf meiner ersten Nacktwanderung überhaupt war spannend: Wie reagieren sie? Ich ging normal, sie lächelten und grüßten und ich ebenso. Seitdem ist der Knoten geplatzt.
Das gute Gefühl der Freiheit – wirklich!
Die Genitalien und der Busen sind doch lediglich ein kleiner Teil von uns. Warum sollten wir sie beim Umziehen umständlich vor dem Blick anderer verbergen und sie dann mt einer Badehose oder Bikini wieder verdecken, wenn sie diese Körperteile dadurch doch erst recht betonen?
Wenn wir uns selbstbewusst nackt, aber unprovokant, d.h. ganz ohne sexuell motivierte Selbstdarstellung zeigen, werden sie zu ganz normalen Körperteilen, die bei jedem halt auch ein ganz individelles Aussehen haben. Wenn wir uns trauen, uns ohne Hemmung vor anderen nackt zu zeigen, tragen wir aktiv dazu bei, bei anderen mehr Bewusstsein von der Vielfalt im Aussehen unserer Körper zu erzielen. Zu zeigen, dass kaum einer einem idealen Körperbild entspricht, dass wir aber stolz auf unseren Körper seien dürfen.
Niemand interessiert sich speziell für die primären Geschlechtsorgane. Wie Ulrich Wolffstädter zurecht anmerkt, sollte man sich aber auch gegenseitig nackt betrachten dürfen. Wenn man schon nackt ist, dann kann man sich auch selbstbewusst zeigen. Ein respektvoller, aber offener gegenseitiger Umgang mit Nacktheit hilft dabei, die Natürlichkeit der Nacktheit zu unterstreichen.
Wie ich bereits im Blog zum Thema „Beschneidung – einer Steigerungsform der Nacktheit?“ bereits erläutert habe, habe ich, als ich in der Sauna einem Bekannten nackt direkt gegenübersaß auf seinen beschnittenen Penis angesprochen. Das war ein wunderbarer Gesprächsstarter für ein sehr offenes Gespräch, in dem ich alles fragen konnte, was ich mich interessierte, bisher aber mit niemandem erörtern konnte.
Ich hatte zwar schon lange davor mit dem Gedanken gespielt, mich beschneiden zu lassen, mich aber bisher nie getraut, mit jemandem offen darüber zu reden. Mir hat es daher sehr geholfen, das Thema auf diese Weise ganz ungezwungen ansprechen zu können und mit ihm frei darüber reden zu können. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man nackt viel offener reden kann.