Was ist Moral und Ethik?

Ethik und Moral | Zwei Spaziergänger im unterschiedlichen Bekleidungszustand

Dieser Blogartikel hilft dir in drei einfachen Schritten, die beiden Begriffe der Moral und Ethik sowie deren Unterschied zu verstehen und für dein Leben fruchtbar zu machen.

In der Klärung dieses Unterschieds liegt ein „Geheimnis“, das dir den Schlüssel dafür gibt, eine Reihe auch vieler scheinbar anderer Dinge in den Blick zu bekommen!

So hat mir das Verständnis dieses Unterschieds zwischen Ethik und Moral geholfen, auch den Grund und die Wurzel für Rassismen und Sexismen in den Blick zu bekommen und dabei die moralisch verankerten Mechanismen zu erkennen, die mich blind für die eigenen Fehler gemacht hatten.

Nun weiß ich beispielsweise, warum Gendersterne für die Gleichbehandlung der Geschlechter keine gute Idee sind und was Badehosen im Schwimmbad mit strukturellem Sexismus zu tun haben. Auf diese Weise habe ich ein tieferes Verständnis über die Grundlagen und Grenzen demokratischer Legitimation erhalten, wenn sie dein selbstbestimmtes Handeln einengen. Denn auch die durch Gesetze festgeschriebenen Rechte und Pflichten sind von moralischen Normen zu unterscheiden; und beide Dinge, Gesetz und Moral, liefern Beispiele für ihre ethische Infragestellung.

Schritt 1: Erkenne den Unterschied zwischen Moral und Ethik

Stell dir vor, du müsstest in einer Kultur leben, in der Keuschheit einen Wert darstellt. So müsstest du zum Beispiel bei der Buchung eines Doppelzimmers als Paar eine Ehe nachweisen. So wäre es also unter anderem (moralisch) untersagt, mit dem Partner in demselben Zimmer zu übernachten, weil der Gesetzgeber der Ansicht ist, dass (verschiedengeschlechtlicher) Sex in die Ehe gehöre. Und wer die Möglichkeit zu außerehelichem Sex, etwa durch die Verfügbarmachung eines Raumes, anböte, zöge den Tatbestand der Kuppelei nach sich. Sehr wahrscheinlich würdest du dich unbehaglich fühlen, weil es den Werten deiner Gesellschaft und Kultur nicht entspricht, die du gewohnt bist [Tatsächlich ist dieses Szenario noch vor gut fünfzig Jahren in Deutschland Realität gewesen…]. In beiden Moralsystemen aber, sowohl dem deiner (heute) tatsächlichen als auch dem der anderen (vorgestellten) bzw. dem deiner eigenen früheren Kultur, herrschen moralisch geprägte Wertvorstellungen vor, die das zwischenmenschliche Wohlverhalten als Ziel und Grundlage haben.

Das Problem ist hier also nicht, ob es eine Moral gibt oder nicht. In verschiedenen Gesellschaften mit unterschiedlichen Wertüberzeugungen mag sie bisweilen ganz unterschiedlich geprägt sein. So kann in der einen Gesellschaft der Wert des zwischengeschlechtlichen Wohlverhaltens vorherrschen, in einer anderen der Wert des Rechts auf Entfaltung persönlicher Freiheit.¹ Moral aber haben wir hier wie da. – Nein, das Problem ist die moralische Anomalie. Sie zeigt sich mit der Frage, welche Wertvorstellung moralisch die bessere oder richtigere ist.

Die (jeweilige) Moral vermag das nicht zu entscheiden, da jede Gemeinschaft und Gesellschaft mit ihren Wertüberzeugungen sie gleichermaßen in ihrem jeweiligen System begründen kann. Dennoch willst du dir wahrscheinlich Klarheit darüber verschaffen, welcher moralische Werte der richtige ist. Dass nicht einfach von der einen Moral aus über die andere geurteilt werden kann, wird spätestens dann deutlich, wenn du innerhalb deiner eigenen Kultur moralische Anomalien erkennst. Hier kommt nun die Ethik ins Spiel. Sie versucht auf wissenschaftlichem Boden zu ergründen, was das Gute ist – und zwar unabhängig von den jeweiligen moralischen Wertvorstellungen, die eine Gesellschaft dominieren.

Definition Moral:

Moral ist die Summe der Sitten und Bräuche, die sich in einem gemeinschaftlichen Verband (z. B. Vereine, Gesellschaften, Staaten) kulturell normieren. Diese moralischen Normierungen können auf politischer Ebene eine gesetzliche Verankerung finden, müssen das aber nicht.

Beispiele:

  • Das Töten von Menschen ist in Deutschland moralisch wie gesetzlich verboten.
  • Das Töten von Tieren ist in Deutschland moralisch verwerflich bis verboten, gesetzlich nur bedingt verboten (siehe Tierschutzgesetz).
  • Diskriminierung ist in unserer Gesellschaft zwar moralisch verboten (z. B. Naturisten, Menschen mit Uterus), gesetzlich aber nicht.

Definition Ethik:

Die Ethik untersucht wissenschaftlich die Normativität der Moral und prüft die Auswirkungen ihrer Dominanz, die sie auf einen gemeinschaftlichen Verband ausübt, unter Wahrung des Unterschieds von Moral und Gesetz.

Beispiele:

  • Die moralische Normierung des Tötungsverbots von Menschen hält einer ethischen Prüfung stand. Die gesetzliche Verankerung ist daher ethisch unbedenklich.
  • Die moralische Normierungsdopplung des Verbots und der Erlaubnis des Tötens von Tieren hält einer ethischen Prüfung nicht stand. Die gesetzliche Ausflucht, dass Tiere „nicht ohne vernünftigen Grund“ getötet werde dürfen, ist ethisch bedenklich.
  • Die moralische Normierung von Gleichwertigkeit und Gleichbehandlung aller Menschen ist etisch unbedenklich. Das partielle Ausbleiben eines gesetzlichen Verbots von Diskriminierung (z. B. bei Naturisten) aber kann einer ethischen Prüfung nicht standhalten.

Ethik Moral Unterschied | Video mit einer moralischen Anomalie

Schritt 2: Erkenne das Gute

Nutze deine Intuition, wenn du dich in deiner Gesellschaft unfrei fühlst! Denn du hast im ersten Schritt gesehen, dass die Moral nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Sie ist lediglich das vorherrschende Lebenskonzept einer Gesellschaft, die einer ethischen Begründung nicht standhalten muss.

Vertraue also deiner Intuition, wenn dir bestimmte Verhaltensweisen oder Gepflogenheiten deiner Mitmenschen das Gefühl der Unfreiheit verleihen. Achte auf solche Momente und nimm deine Gefühle dabei ernst. Ein Beispiel aus meiner Erfahrung mag das verdeutlichen: Wenn ich im Schwimmbad bin oder im Sommerwald spaziere, dann empfinde ich wegen meiner Badehose oder Kleidung Unfreiheit. Denn im Wald möchte ich den warmen Wind in durch das Grün brechenden Sonnenstrahlen an der Haut meines gesamten Körpers spüren! Ich will, dass er mich an jeder Stelle meines Körpers umspielt! Im Schwimmbad oder am Baggersee möchte ich nicht anziehen, was ich für das Schwimmen nicht brauche! Ich will keine kalte Hose, wenn ich aus dem Wasser komme, und ich will keine sogenannte weiße Unterhose!

Wenn du nun das Gute (unabhängig von moralischen Schranken) erkennen willst, dann musst du das Gefühl der Unfreiheit zulassen oder anderen zugestehen, dass sie es verspüren. Nur auf diese Weise wirst du empfindsam für moralische Anomalien, die wahrzunehmen und zu erkennen die Voraussetzung für echten moralischen Fortschritt ist. In meinem Beispiel besteht die moralische Anomalie in der Wertüberzeugung des gesitteten und manierlichen Wohlverhaltens, die, wie im Beispiel oben, dem Recht auf Entfaltung der persönlichen Freiheit gegenübersteht.

Pass auf, jetzt wird es konkret: Um diese moralische Anomalie, die du dir durch die Schärfung deines Gefühls der Unfreiheit bewusst gemacht hast, aufzulösen und zu entscheiden, welcher moralischen Anforderung du nun – ethisch begründet – folgen sollst, gebe ich dir einen Prüfstein an die Hand, mit dem du jede gewonnene moralische Anomalie auflösen kannst. Ausgearbeitet und ethisch entwickelt habe ich diesen Prüfstein in meinem Buch Die Objektität des Bewusstseins:

„Prüfe, ob dein Denken oder Handeln dir nicht zuwiderhandelnde Lebewesen oder ungefährliche Gegenstände infrage stellt. Wenn ja, dann folge möglichen Auswegen!“²

Stellst du beim Spaziergang oder im Schwimmbad, ob nun bekleidet oder nicht, deine Mitmenschen, die nichts anderes machen wollen als du, infrage? Sie handeln dir nicht zuwider, noch stellst du sie mit deinem Handeln infrage. Ganz im Gegenteil ist es offensichtlich so, dass hier die Werte der Freiheit, des Respekts und der Toleranz zum Tragen kommen und unbedingt gelebt werden müssen. Du erkennst hier also, was wirklich gut und richtig ist!

Schritt 3: Habe Mut!

Ist das nicht verrückt?! Wir sind in unserer Gesellschaft und Kultur so sozialisiert, dass wir mutig sein müssen, wenn wir etwas moralisch Gutes tun wollen. Vielleicht willst auch du einmal mutig sein? Gerne erzähle ich dir von einer meiner Erfahrungen, die ich bei einer solchen Handlung gemacht habe, die zwar moralisch gut ist, aber kaum von jemandem akzeptiert zu werden scheint. In der folgenden Situation nun war ich dem Widerstreit in mir ausgesetzt: Auf der einen Seite war ich versucht, der Angst vor Ablehnung und der Scham, die mich davor schützt, abgelehnt zu werden, nachzugeben, auf der anderen Seite wollte ich dem Gefühl der Freiheit und dem Wissen, dass mein Tun moralisch gut ist, folgen. Ich kann dir sagen, dass es mir nicht auf Anhieb gelang, mutig zu sein. Ich brauchte mehrere Anläufe, bis ich endlich die mentale Stärke dafür aufbringen konnte. Im Folgenden beschreibe ich dir deshalb in zwei Erlebnisprotokollen von einem Spaziergang im Wald, zuerst von einem, als ich den Mut noch nicht gefasst hatte, dann von jenem, als ich es endlich schaffte:

Es ist ein wunderschöner Sommermittag. Ich bin hier gerade auf einem Waldweg, dicht bewachsen, richtig überwuchert von sattgrünen Bäumen, der Weg liegt größtenteils im Schatten, überall kleine Sonnenflecken, die durch das Laub scheinen, ja, eine äußerst angenehme Temperatur, richtig anmutig. Das Schönste, das ich mir hier jetzt vorstellen könnte, ist es, dies am ganzen Körper zu spüren. Wie mich der Wind überall am Körper streift und ich mich so richtig frei in dieses Erlebnis hineinwerfen kann. Das wünschte ich mir! – Aber leider nicht möglich. Ich muss immer Angst haben, dass irgendjemand des Weges kommt, mich als pervers … – Ja, da vorne kommt auch schon jemand. – Wenn ich hier jetzt unbekleidet wäre, was wäre dann? Würden die Leute schockiert stehen bleiben? Was würden sie tun? Wie sollte ich mich verhalten? Wahrscheinlich ganz ungezwungen, nicht anders wie sonst auch! Aber ich will ja nicht als – ja, ich würde als Perversling angesehen werden. Dabei würde ich eigentlich …, ja: nur das Normalste und eines der schönsten Dinge auf der Welt tun!

Es ist offensichtlich, dass ich bei dem geschilderten Spaziergang noch von der Angst gefesselt war. Zwar war mir die moralische Anomalie bewusst, die hier in der sozialisierten Manierlichkeit gegenüber meinem Wunsch bestand, das Recht auf meinen persönlichen Lebensstil wahrzunehmen. Die Angst hinderte mich aber daran, sie zugunsten des moralisch Guten aufzulösen. Irgendwann schaffte ich es aber doch. Denn der Leidensdruck, meine Freiheit nur theoretisch zu denken, nicht aber wirklich auszuleben, zwang mich zur konkreten Handlung. Festgehalten habe ich diese Erfahrung, meine Ängste tatsächlich überwunden zu haben, im folgenden Erlebnisprotokoll:

Ethik und Moral | Ein Waldpfad, auf dem du ethisch begründet nackt sein darfst, moralisch aber nicht.
Ethik und Moral | Ein Waldpfad, auf dem du ethisch begründet nackt sein darfst, moralisch aber nicht.

Ich befinde mich wieder auf demselben Waldweg, auf dem ich schon so oft voller Angst gegangen bin. Die Schönheit der Bäume mit ihren großen, sich gegenseitig überragenden Zweigen, der Duft des weichen Bodens, die warme, sonnendurchflutete Luft im Klang zwitschernder Vögel und des Plätscherns des kleinen Bachs neben mir, in dem das Licht der Sonne silbern tanzt. Ich atme tief, ganz tief diese Luft ein! Ich freue mich, nun tatsächlich hier zu sein und mich in die Umgebung fallen zu lassen, eins mit ihr zu sein: Denn ich bin nackt. Endlich hier und – nackt! Passanten? Die bereiten mir keine Sorgen. Sollen sie doch sehen, wie gut es mir geht! Ich fühle mich einfach nur gut und richtig hier! Und tatsächlich – da kommt schon jemand des Weges. Ich spüre meinen Herzschlag. Aber er beflügelt mich, ja: Die vormalige Angst, die ich an dieser Stelle hier zuvor hatte und die mich von der Situation, in der ich gerade bin, nur träumen ließ, ist wie weggeblasen. Ich bin stolz. Stolz auf meinen Mut. Ich grüße freundlich. Und … ich werde zurückgegrüßt!! Grandios, genau so soll es doch sein, denke ich mir. Und mir wird klar, dass das Schlimmste, was mir hätte passieren können, gewesen wäre, jetzt nicht hier so zu sein, wie ich es gerade bin. Mein Mut hat mir so unendlich viel neue Freiheit geschenkt, sage ich mir und gehe weiter.

Fazit zu Begriff und Unterschied von Ethik und Moral

Moral ist nicht gleich Ethik. Wenn du wirklich etwas in der Welt zum Positiven verändern willst, dann solltest du dich nicht blind an der vorherrschenden Moral – und ja: auch nicht blind am geltenden Recht – orientieren. Prüfe Moral und Recht vielmehr auf der Ebene der Ethik und frage danach, ob sie nicht optimiert werden können. Den Prüfstein, der dir hier zur Verfügung steht, habe ich oben beschrieben. Wenn du selbst mutig bist (oder andere mutig sein lässt), trägst du sowohl zum moralischen Fortschritt als auch zur Festigung der Demokratie bei. Denn wer moralische Anomalien als Chance zur gesellschaftlichen Weiterentwicklung erkennt, kann seine persönliche Stärke im eigenen Handeln für alle fruchtbar machen.

Weitere Gedanken zum Unterschied zwischen Moral und Ethik

Von Axel Geertz, ein Versuch der Begriffsdefinition

Moral ist die erkennbare, spezifische und andauernde Denk- und Handlungsweise bestimmten Sachverhalten (z. B. Sexualverhalten) gegenüber, praktiziert als Einzelner oder in einer bestimmten sozialen Gruppe.

Einem bestimmten Sachverhalt gegenüber können sich unterschiedliche – ggf. sich völlig widersprechende – Moralvorstellungen bilden. Moralisten werden dann Individuen mit anderen Moralvorstellungen als unmoralisch bezeichnen. Die eigene Moralvorstellung genießt die Priorität und führt zu Missachtung anderer Individuen und nicht nur deren Moralvorstellungen, denn eine bestimmte Moral ist personengebunden. Niklas Luhmann spricht in diesem Zusammenhang von einer „besonderen Art von Kommunikation, die Hinweise auf Achtung oder Missachtung mitführt“. „Dabei geht es nicht um gute oder schlechte Leistung bzw. anderer Moralvorstellungen…. sondern um die ganze Person“.

Die Zugehörigkeit zu einer Gruppe mit bestimmten Moralvorstellungen definiert sich über den fraglichen Sachverhalt. Unterschiedliche Sachverhalte führen zu unterschiedlichen Gruppen moralischer Vorstellungen.

Die Bildung bestimmter Moralvorstellungen entsteht durch Erziehung, Umwelt und „Sapere aude!“ – den Verstand einschalten.


Ethik steht neben oder über der Moral und ist mit Moral nicht zu verwechseln, wenn – nach Niklas Luhmann – die Konditionierungen von Menschen moralisiert werden, wenn also z. B. Missachtung der Person entsteht, „wenn sich herausstellt, dass bei ihm zu Hause eine Bismarck-Büste auf dem Klavier steht.“

Moral reduziert Niklas Luhmann, dem ich gerne folge, „auf die Konditionen des Achtungsmarktes“ und hat damit die Hand frei, für eine von Moral unterscheidbare Verwendung des Begriffs Ethik. Ethik versteht sich dann – wieder nach Luhmann – „als eine Reflexionstheorie der Moral“.

Wenn Ethik Moral bewerten soll, muss wohl eine andere Codierung als „gut“ und „schlecht“ usw. gefunden werden. „Die Funktionscodes müssen (müssten) auf einer Ebene höherer Amoralität eingerichtet werden.“ Hier liegt das eigentliche Problem der Ethik bei der Aufgabenstellung, Moral zu bewerten. Wie ist die Ethik moralisch zu bewerten; wo findet die Ethik ihre Normen zur Bewertung?

Bei der umfangreichen Problematik der historischen Suche nach den „richtigen“ Funktionscodes „muss es wohl bei dem binären Schematismus von gut und schlecht bei der Bewertung von Moral durch die Ethik bleiben“, Und die Ethik hat die Strukturen des gegebenen Gesellschaftssystem mit zu reflektieren, wenn sie „gut“ oder „schlecht“ urteilt (N. Luhmann). Ethik ist also ein Bewertungssystem der Moral und sucht sich die Normen zur Bewertung aus der aktuellen Gesellschaft.

Die Frage nach dem Gesellschaftssystem führt zu der Feststellung, dass es eine Abhängigkeit der Ethik von dem Gesellschaftssystem gibt, in dem die Ethik urteilt. Es gibt also auch keine weltumspannende einheitliche Ethik – nicht überraschend -und „unsere“ in Deutschland relevante Ethik ist dann in hohem Maße bestimmt durch die Verfassung, unser Grundgesetz, das weitere Rechtswesen und andere Einflussfaktoren. So fordert Peter Sloterdijk zum 75. Geburtstag aktuell beispielsweise:

„Es braucht eine neue Ethik für das Zusammenleben mit der Erde“

Peter Sloterdijk

Gesellschaftssysteme, Verfassungen und das Rechtswesen usw. unterliegen immer Änderungen im Zeitablauf, also ändern sich dadurch bedingt auch die Ethik und deren Urteile über moralischen Verhalten. Die Ethik könnte neben den Urteilen „gut“ und „schlecht“ auch schlicht vor bestimmten Moralvorstellung einfach warnen.

Orientiert an:

Niklas Luhmann „Paradigm lost: Über die ethische Reflexion der Moral: Rede von Niklas Luhmann anläßlich der Verleihung des Hegel-Preises 1989“ (suhrkamp taschenbuch wissenschaft)


Quelle:
¹ Vgl. dazu U. T. Wolfstädter (2021). Die Objektität des Bewusstseins. Berlin: Frank & Timme, S. 518ff.
² Ebd., S. 513.

Auch interessant und weiterführend:

Blogartikel von Michael Crass zum Unterschied zwischen Moral und Ethik

Blogartikel von Florian Ilgen zum Thema Mut

Wikipedia-Artikel „Ethik“

3 Kommentare

  1. Es sollten jedes Jahr mehr WNBRides in Deutschland stattfinden, um die Werte von Naturismus in die Gesellschaft zu tragen bzw. um diese Puplik zu machen.

    Antworten
    • Hallo Toni,
      ja – das wäre schön. Aktionen wie die WNBRides sind eine gute Möglichkeit für die Sache zu werben. Und darüber hinaus kann jeder Einzelne etwas tun, um die naturistischen Werte in den Alltag der Gesellschaft zu tragen. Aber ich glaube, dass es noch mehr Wirkung hat, wenn wir einfach im naturistischen Sinne spazieren gehen und damit zeigen, dass es jedem freisteht, nackt zu sein oder nicht.

      Antworten
  2. Wenn man sich mit einem zentralen Thema von NUDARE AUDE befassen will, wird man im Blog den Text „Was ist Moral und Ethik“ lesen; also obige Ausführungen. Es sind die zwei Begriffe – Moral und Etik, über die man sich im Klaren werden muss, wenn es um die Frage geht: „Warum lebe ich so und ist das richtig“. Im konkreten Leben geht es – wie der Autor aufzeichnet – auch um die Frage, wie gehe ich mit Nacktheit im öffentlichen Raum um und um die Klärung dieser Frage geht es hier.
    Der Autor, Ulrich Wolfstädter, schildert in diesem Text sehr anschaulich:
    „Es ist ein wunderschöner Sommermittag. Ich bin hier gerade auf einem Waldweg, dicht bewachsen, richtig überwuchert von sattgrünen Bäumen…….“
    die fast immer anzutreffende Unsicherheit, die Richtigkeit des aktuellen Verhaltens unter dem Gesichtspunkt Moral und Ethik zu finden. Die vorherrschende Moral, nicht nackt zu wandern, steht im Widerspruch zu dem ggf. subjektiven Anspruch, beim Wandern unter den gegebenen Umständen die Bekleidung abzulegen. Die Auflösung zeigt dann auch Ulrich Wolfstädter: Es ist die Orientierung an der Ethik und deren Normen.

    Die Suche nach den Normen der Ethik ist dann das eigentliche Problem. Ist es richtig, im Sinn den eigenen Bedürfnissen zu folgen, nackt zu Wandern und die persönlich nicht überzeugenden Moralvorstellung, dass Nacktheit i. ö. Raum inakzeptabel ist, über Bord zu werfen? Sind solche Ansichten falsch? Was ist das richtige Leben?

    Die immer wieder zitierte Feststellung von Adorno: „Es gibt kein richtiges Leben im falschen“ trifft auch die o. e. Problematik der Entscheidung, wie ich wandern sollte. Finde ich, gibt es die ethischen Normen, die mir das „richtige“ Leben gestatten, wie ich es empfinde. Verbunden ist mit o. e. Aussage von Adorno scheinbar ein Negativismus. Aber eben nur scheinbar, denn Adorno formuliert in seinen verschiedenen Schriften die Orientierung an Normen, die das richtige Leben möglich machen, wenn man Freiheit von moralischen Anomalien gewinnen will. Dieses aufzuzeigen, bemüht sich aktuell Peter E. Gordon in seinem neuen Buch: ADORNO UND DIE QUELLEN DER NORMATIVITÄT.
    Zurück zum Ausgangspunkt, dem Waldspaziergang des Autors Ulrich Wolfstädters. An welcher Ethik kann er die Sinnhaftigkeit der ihm inakzeptablen erscheinenden Moralvorstellung prüfen. Einen Katalog ethischer Normen gibt es nicht und wohl schon gar nicht mit weltweiter Verbindlichkeit. Die Idee von Hans Küng, einen Weltethos zu formulieren, ist wohl untergegangen. Subjektive philosophische Überlegungen zu ethischen Normen werden kaum zum für alle verbindlichen „richtigen“ Leben führen. Die Bundesregierung lässt sich sogar bei Bedarf von einem sogenannten Ethikrat bei anstehenden Entscheidungen unterstützen; hilft aber hier auch nicht weiter.

    Mir scheint die Vorstellung von Niklas Luhmann zu den gegebenen Normen der Ethik in Deutschland sehr überzeugend. Es ist für den Soziologen Luhmann die Soziologie, die sich mit der Gesellschaftstheorie beschäftigt und so ist für die Ethik für ihn die verfasste Gesellschaft in der wir leben die Basis für die Wertmessung der Ethik bei der Beurteilung der Moral. Zu dieser verfassten Gesellschaft gehört zweifelslos das Grundgesetz und der dortige Artikel 2 garantiert die freie Entfaltung einer jeden Persönlichkeit, soweit diese nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. Luhmann und Adorno liegen dann auch von ihrer jeweiligen Ideenwelt nicht allzu weit auseinander. Theodor W. Adorno war zeitweise Leitender Geschäftsführer des Instituts für Sozialforschung an der Universität in Frankfurt.

    Wer sich also auf diesen Art. 2 seine Nacktheit i. ö. Raum betreffend beruft, hat die passende Norm der Ethik gefunden, um moralische Anomalien, wie die Inakzeptanz der Nacktheit i. ö. Raum zurückzuweisen. Die gefragte ethische Norm in diesem konkreten Fall der Bewertung der angesprochen Moral in einem höchstrelevanten Gesetzeswerk zu finden, macht die gefundene Antwort dann auch sehr überzeugend.

    Ulrich Wolfstädter und alle die es ihm gleichtuen, sind aus meiner Sicht mit dieser Basis auf dem richtigen Weg und heraus aus dem „falschen“ Leben, wie es Adorno ggf. gesehen hätte.

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