Beschneidung – eine Steigerungs­form der Nacktheit?

Beschneidung - Cartoon mit und ohne Vorhaut

Definition: Eine Beschneidung kann an der Vulva oder am Penis vorgenommen werden. Beim Penis bezeichnet sie die chirurgische Entfernung der Penisvorhaut. Je nach Grad der Möglichkeit, die Vorhaut über die Eichel zurückzuziehen, kann eine teilweise oder vollständige Zirkumzision (dt.: Rundumschnitt) und eine Durchtrennung des Frenulums medizinisch indiziert und sinnvoll sein, um etwa Entzündungen zwischen Vorhaut und Eichel oder Spannungsschmerzen bei der Erektion des Penis abzustellen oder zu vermeiden.

Die Beschneidung der Vulva ist ein anderer brisanter Themenkomplex, der grundsätzlich außerhalb einer medizinischen Indikation und meist im Bereich der rituellen Genitalverstümmelung liegt.

 

Gründe für eine Zirkumzision: Für die Beschneidung des Penis werden überwiegend medizinische, kulturelle und religiöse Gründe vorgebracht, die in der öffentlichen Diskussion thematisiert und verhandelt werden. Anlass für die Entfernung der Penisvorhaut kann bei einigen Menschen aber auch der Wunsch nach einem freieren oder besseren Lebensgefühl sein.

Dieser Blogartikel hilft dir weiter, wenn

  • du dich für eine freiwillige Beschneidung deines Penis interessierst, ohne dass medizinische, kulturelle oder religiöse Gründe dahinterstehen,
  • du dich fragst, warum gerade eine solche freiwillige Beschneidung mit Scham und Unverständnis belegt ist,
  • du die tieferen Gründe der Tabuisierung der (freiwilligen) Beschneidung verstehen und aufbrechen willst,
  • du im Zusammenhang mit der Thematik der Beschneidung aufschlussreiche Impulse und Einsichten im Umgang mit der Nacktheit erhalten möchtest.

1. Der Beginn des Lebens: Dein Genital im Fokus!

„Wir kommen alle nackt zur Welt!“ – Das ist eine Erkenntnis, die in gesellschaftlichen und kulturellen Auseinandersetzungen oft zu hören ist und wohl als Konsens gelten darf. Und doch geraten dabei die genitalen Organe, die für das Zur-Welt-Kommen eine wesentliche Rolle spielen, im Rahmen von Gesellschaft und Kultur auf wundersame Weise aus dem Blick: die Vagina und Vulva des gebärenden Menschen als Tür und Tor zur Welt sowie die Genitalien des geborenen Menschen als die allerersten Signifikanten seiner geschlechtlichen Identität, wie sie in unserer Kultur gesetzt ist.

Wenn uns jemand sagt, dass er bald ein Kind bekommt und Vater oder Mutter wird, und dabei stolz auf den schwangeren Bauch zeigt, dann gratulieren wir umgehend. Eltern werden ist etwas, was in unserer Gesellschaft gefeiert wird; ein Kind gebären ist etwas völlig Natürliches und gibt meist Anlass zu allgemeiner Freude. Warum aber sind unsere Genitalien, die dieses Glück erst möglich machen, ja auf die wir im Moment des Zur-Welt-Kommens so sehr schauen, so sehr mit Scham besetzt und negativ belegt, als ob sie etwas Unreines, etwas Schlimmes wären, für das wir uns schämen müssten? Wie kommt es zu dieser Liaison von Tabu und Freude? Zum Tabu über die der Freude beiwohnenden Ursachen und zur Freude über die dem Tabu zugrunde liegende Wirkung? Sprich: Warum stehen die Genitalien eines jeden neugeborenen Menschen im Fokus und Zentrum unserer Gesellschaft und Kultur, nur um gleich nach der Geburt mit einem mehr oder weniger ausdrücklichen Verbot versehen zu werden, das untersagt, sie in den Blick zu nehmen? Wie kommt es, dass sie auch ganz ohne Fokussierung, etwa wenn wir einfach nur nackt sind, nicht in unser Blickfeld geraten dürfen?

2. Ohne Sichtschutz: Mit Vulva und Penis unterwegs

Was ist an den Genitalien so anstößig, dass wir sie verstecken müssen, obwohl sie doch der Grund schlechthin für die Möglichkeit der Freude über ein neues Leben und der Sicherung unseres Fortbestands sind? Sind sie nicht Körperteile, auf die wir stolz sein dürfen? Warum dürfen sie dann aber nicht gezeigt werden wie andere Körperteile auch? Und warum dürfen sie nicht optisch betont oder auch geschmückt werden? Warum sollten gerade sie nicht weit eher Schmuck zur Zierde verdienen als jedes andere Körperteil?

Du darfst das gerne anders empfinden. Aber warum sollten grundsätzlich Menschen ihre Vulva, ihren Penis oder ihr Genital gemeinhin nicht hervorheben und schmücken dürfen, wenn sie sie als etwas Schönes und Bedeutendes empfinden, für das sie sich nicht schämen wollen? Falls du gerne nackt bist, dein Genital aber weder schmücken noch hervorheben willst, dann kannst du etwa deine Behaarung an oder über deinem Penis oder deiner Vulva so lassen, wie sie ist, quasi in der Funktion eines natürlichen Sichtschutzes. Du kannst diese Behaarung aber auch stutzen oder abrasieren, weil du das Gefühl der Freude an deinem Genital noch mehr spüren und nach außen zum Ausdruck bringen willst. Eine Rasur ist grundsätzlich an jeder (anderen) Stelle des Körpers erlaubt und völlig normal und auch in allen Fällen gemeinhin gerne gesehen, solange sie einem gepflegten Erscheinungsbild dient.

Wenn Schmuck gemeinhin erlaubt ist und oft gar als positiv angesehen wird, warum sollte das bei deinen Brüsten, deinem Penis oder deiner Vulva anders sein? Sind wir einmal ehrlich: Ist nicht schon fast jedes Bikinioberteil Schmuck, das Brüste mindestens so reizvoll oder oft noch reizvoller macht als ohne den sie halb bedeckenden Stoff? Sind die halbnackten Pobacken nicht oft ansprechender als das ganze Hinterteil? Oder ist die durch den Penis verursachte Ausbuchtung in Unter- oder Badehosen oft nicht die Zierde eines (vermuteten) Gegenstandes, der bei Sichtbarkeit schnell an Größe verlieren kann? Auch die Vulva zeichnet sich in engen Leggins oft bis ins Detail ab, und nicht selten ist das kein Versehen, sondern vielmehr eine durchaus bewusste Entscheidung. Offensichtlich liegt manchen daran, ihr Genital zu betonen, auch wenn es von Stoff bedeckt ist.

Worauf ich damit hinaus will? Mir geht es darum zu zeigen, dass das oft bemühte Argument, man wolle ja nicht alles sehen, ein sittenheuchlerischer Analogismus ist, unter dessen Deckmantel das schambehaftete Objekt gerade durch seine „Verhüllung“ insgeheim öffentlich zugänglich gemacht wird. Das Verquere dieser Argumentation kannst du dir rasch klarmachen, wenn du es logisch aufschlüsselst: Die Sitte, unsere Genitalien dem öffentlichen Blick zu entziehen (A), steht in der strukturellen Funktion unserer Kultur, sie zu verhüllen (B). Die Verhüllung wiederum ist ein Symptom (Scham) der Sitte aus A (C). Also ist auch der Sitte (A) das Symptom (C) zuzuschreiben. In die Formel gebracht sieht das so aus:

  • A hat Ähnlichkeit mit B.
  • B hat die Eigenschaft C.

   Also hat auch A die Eigenschaft C.

Siehe dazu gerne bei Wikipedia nach: „Objekte können dabei Wesen, Dinge oder Phänomene sein, die Ähnlichkeit kann in anderen Eigenschaften, Symptomen, Strukturen, Relationen und Funktionen bestehen.“

Als Philosoph sehe ich hier im Schmuck klar das unterbewusste Rüstzeug am Werk, sich auf sittlich unbescholtene Art und Weise der Sitte (A) zu widersetzen. Der Schmuck (B) als solcher ist dabei nicht zu verurteilen. Problematisch ist aber die heuchlerische Sittentreue bei gleichzeitig mangelnder Beweiskraft des hier aufgezeigten Fehlschlusses.

Vor diesem Hintergrund macht es in unserer kulturellen Sitte nun aber keinen Sinn, ohne Schmuck nicht nackt sein zu dürfen oder zu wollen (!), wenn es doch geradewegs der die sogenannte „Scham“ bedeckende Schmuck ist, der das tabuisierte Genital durch die Hintertür wieder hereinlässt. Vielmehr sollte es deine eigene freie Entscheidung sein, ob du dich nackt zeigst oder nicht, ebenso wie es ganz bei dir liegen sollte, ob du dich dabei schmückst oder nicht. Denn das Piercen der Brustwarzen und des Intimbereichs, was heute immer häufiger zu sehen ist, ist mehr als nur das Tragen eines Schmucks, weil hierfür eine viel größere Hürde genommen werden muss. Der Gang zum Piercer und das (schmerzhafte) Durchbohren der Brustwarze, der Eichel oder der Vulva, um einen bleibenden Tunnel für den Schmuck zu erstellen, ist eine wohlüberlegte Entscheidung, die ja nur dann Sinn macht, wenn man dieses Piercing auch zeigen kann und zeigen möchte.

Unter Naturisten  oder FKKlern  ist dem Vernehmen nach öfters die Rede davon, dass man sich nicht gegenseitig in der Nacktheit betrachte, sondern nur einander in die Augen schaue. Das muss nach dem eben Gesagten aber eher verwundern. Wenn Nacktheit als etwas Natürliches propagiert wird und es heißt, der Körper sei als Einheit oder Ganzes zu betrachten, wäre es doch folgerichtig, sich nicht nur krampfhaft ins Gesicht zu schauen, sondern bewusst sein Wissen zuzulassen, dass sich die eigenen und die Blicke anderer keineswegs auf die Augen des Gegenübers beschränken.

Natürlich ist mir der eigentliche Sinn dieser Regel klar: Es geht darum, sein Gegenüber nicht anzustarren und schon gar nicht allein auf dessen Genitalien zu stieren. Unhöflich ist das auch dann schon, wenn wir es im bekleideten Zustand tun. Als Grundregel hat sie daher durchaus ihre Richtigkeit, und im Bereich des naturistischen Nacktseins zeigt sie auf, dass wir uns als Menschen betrachten und nicht so sehr als Träger von Geschlechtsorganen. Bei aller Beherzigung dieser Regel möchte ich aber doch darauf hinweisen, dass ein Blick auf den ganzen Menschen durchaus in Ordnung ist und nichts mit Voyeurismus zu tun haben muss.

Ein starkes Selbstbewusstsein besitzt nun wohl eine Person, die ihren gesamten Körper umstandslos zeigt und es so anderen erlaubt, sie als Mensch mit all seinen persönlichen Vorlieben (rasiert, gepierct, beschnitten, tätowiert, mit zurückgezogener Vorhaut, …) zu erfassen. Ihrer Nacktheit, so darf wohl mit Recht behauptet werden, wohnt auch ein Gesehen-werden-Wollen inne. Wenn du das nicht willst, wenn du darauf verzichtest, dich so zeigen zu wollen, nur um dich vor der Bewertung anderer zu schützen, dann kannst du keine Freiheit erlangen. Geübten FKKlern zufolge spielt es schließlich keine Rolle, ob du dick, dünn oder faltig bist oder sonst einen „Makel“ oder, anders ausgedrückt, eine körperliche Besonderheit oder Divergenz hast. Wirklich frei bist du erst dann, wenn du den Blick auf die Merkmale deines gesamten Körpers nicht scheust.

Unterschiedlich gewachsene Brüste oder auch eine fehlende Brust, ein krummer Penis oder zwei – all das sollte angesichts der Bekundung, dass man sich angeblich doch nur in die Augen schaue, ohnehin völlig belanglos sein. Worin liegt also der Sinn, die natürliche Nacktheit einerseits zuzulassen und zu genießen, um sie andererseits in der Begegnung mit anderen zugleich auszuklammern?

Um einem möglichen Missverständnis vorzubeugen: Mir geht es um keine Legitimation dafür, sich gehen zu lassen und beispielsweise keine Körperpflege zu betreiben. Nacktheit ist etwas völlig Natürliches. Natürlichkeit beinhaltet aber auch Pflege. Hornhautvergilbte Füße mit langen krummen Fußnägeln gehen meiner Meinung nach gar nicht. Ich begegne ihnen aber leider immer mal wieder etwa in Schwimmbädern oder in der Sauna. Aber auch hier ist Toleranz gefragt. Sofern die mangelnde Hygiene oder Ästhetik andere Menschen nicht gefährdet, sollte sie nicht per se ein Grund zur Ausgrenzung sein.

Auf der anderen Seite solltest du die Ästhetik deines nackten Körpers in einem bestimmten Rahmen aber auch unterstreichen dürfen, wenn du dich damit wohler fühlst. Ich zum Beispiel rasiere mir den Genitalbereich, weil es meines Erachtens meinen Penis schmückt. Je kürzer die Hecke, desto größer das Haus. 😊 Das ist für mich ein Stück Freiheit, die ich brauche und die ich auch ausleben dürfen möchte. Ich fühle mich dadurch gepflegt und frei! Andere haben Tattoos oder tragen Piercings, um ihre Brustwarzen oder Genitalien zu betonen. Ich habe anfangs schon große Augen gemacht, als ich zum ersten Mal einen jungen Mann mit gepiercter Eichel sah. Aber inzwischen habe ich mich an derlei Anblicke gewöhnt und finde es bei manchen Leuten sogar ganz in Ordnung, wenngleich es mir fernliegt, mich an irgendeiner Körperstelle piercen zu lassen. Genauso verhält es sich, wenn du dich beschneiden lässt, weil du die Form und das Aussehen deiner Eichel als vollendet empfindet und sie sehr schön anzusehen findest. Es ist also ganz in Ordnung, wenn du findest, dass eine Beschneidung deinen Penis schmückt, ein Piercing ihn aber insbesondere wegen des dauerhaft sichtbaren Stichkanals verändern würde.

3. Deine Freiheit: Beschneidung als Schmuck und Zierde

In einer Umkleide habe ich einmal mitbekommen, dass jemand aufgefordert wurde, er solle seine Eichel doch bitte wieder mit der Vorhaut bedecken, weil hier doch auch Kinder seien. Auch ich selbst hatte es früher immer gemieden, im Duschraum mit anderen meine Vorhaut zurückzuziehen, um die Eichel zu waschen, und selbst umgedreht zur Wand und möglichst unauffällig traute ich mich das nicht. Das Bemerkenswerte an dieser Situation ist, dass der mit einer Vorhaut versehene Penis offenbar kein Problem darstellt, auch in Anwesenheit von Kindern nicht; er wird jedoch zu einem Problem mit zurückgezogener oder beschnittener Vorhaut. Andere wiederum, die sich freiwillig hatten beschneiden lassen, haben keine solche Situationen erlebt. Daher fällt es manchen schwer, die Gründe für das dahinterstehende Tabu zu sehen. Ich persönlich habe nie wirklich darauf geachtet, ob die Penisse beschnitten sind oder nicht. Zu einem Informationsgehalt ist das erst geworden, als ich anfing, mich mit dieser Thematik zu beschäftigen.

Die Geschichte in der Umkleide hat mich zum Nachdenken veranlasst. Ohne sie wäre mir wohl nicht in den Sinn gekommen, dass ich mit rasiertem Genitalbereich nackter sein könnte als unrasiert (ich fühle mich lediglich freier) – so wie es analog bei dem Mann mit zurückgezogener Vorhaut der Fall gewesen zu sein scheint. Kann ein nackter Mensch mit entblößter Eichel als noch nackter empfunden werden? Und muss ich damit rechnen, eines Tages in der Umkleide aufgefordert zu werden, mich nur unrasiert nackt zu zeigen?

Ich schließe daraus – und so interpretiere ich nun auch mein eigenes Gefühl von Freiheit infolge der Rasur um meinen Penis –, dass eine gesteigerte Form der eigenen Nacktheit empfunden werden kann, insbesondere bei blankgezogener Eichel. Sie ist vielleicht die intimste Region meines Körpers und sehr sensibel; warum manche Menschen den Anblick meiner freigelegten Eichel oder diejenigen anderer Menschen mit einer Beschneidung als so anstößig empfinden, habe ich allerdings, bei aller unwillkürlichen Scheu, die ich bei mir selbst schon erlebt habe, nie wirklich verstanden.

Nudare aude! heißt immer auch, genauer hinzuschauen. Eines wird rasch klar: Das politisch rechte Gedankengut findet sich offenbar im Dunstkreis dieser Beschneidungsthematik. Ich komme gerade aus einer dörflich gelegenen Sauna, wo ich in der Saunakabine die folgende Aussage mithören musste, die mich sicherlich ins Schwitzen gebracht hätte, wenn ich nicht bereits wegen der heißen Luft geschwitzt hätte:

„Zu meiner Nichte habe ich gesagt: Pass auf. Wenn du mit deinem Studium fertig bist, dann schau, dass du aus dieser Drecksrepublik herauskommst. Denn sonst kann es dir in ein paar Jahren passieren, dass du mit Kopftuch deinem Mann sechs Meter hinterherlaufen musst.“

Ein Saunagast

In unserem Zusammenhang frage ich mich nun, ob diese Saunagäste, die sich da frank und frei über ihre unreflektierten Ängste austauschten, (insgeheim) auch wünschen, dass Menschen mit einer Beschneidung geradewegs des Landes verwiesen werden. Was, wenn ich beschnitten wäre? Wäre das ein negativer Informationsgehalt für sie? Schauen sie beschnittene Menschen schräg an, löst es in ihnen Reflexe aus, die vielleicht sogar zu Pöbeleien führen? Kommen sie langsam aus der Reserve, weil sie sich mit dem Erstarken der AfD und deren lauten Parolen, die ihren eigenen, bislang wenig artikulierten Empfindungen endlich Ausdruck geben, stärker und mutiger fühlen, sodass sie ihre rechten Ansichten unbedarfter mitteilen?

Doch halt! Antipathie bringt uns nicht weiter. Immerhin hatten diese Leute allem Anschein nach keine Probleme mit dem Nacktsein. Sicherlich ist es in solchen Situationen das Beste, sofort entschieden einzugreifen und den Betreffenden zu sagen, dass das, was sie da äußern, zutiefst rassistisch ist (auch wenn sich diese Leute gerade damit brüsten). Aber auch ohne das lässt sich vielleicht eine Weiche in die menschenfreundliche Richtung stellen, indem wir ihnen gleich vor Ort, wo wie hier in der Sauna Nacktheit ja akzeptiert wird, klarmachen, dass sie für ihre kruden Befürchtungen gar nicht in fremdenfeindlichen Ventilen einen Ausweg finden müssen. Denn wenn wir alle verstärkt im naturistischen Sinne in der Öffentlichkeit Präsenz zeigen – und dazu brauchst du nicht selbst nackt sein, wenn du das nicht willst –, dann laufen wir auch nicht Gefahr, dass wir unserer Werte der Freiheit, des Respekts und der Toleranz gegenüber allen Menschen, ganz gleich welcher genitalen Ausstattung, verlustig gehen: Der Niqabträger (meinetwegen auch ein Mensch mit Penis) toleriert den Naturisten (mit genitaler Devianz). Der Badehosenträger (vielleicht ein Mensch mit Vulva) den Kopftuchträger (eine Frau?). Punkt. Dann benötigen wir auch keinen gendersprachlichen Sexismus mehr. Mit rechten Parolen und Judenhass kommen wir jedenfalls nicht weiter – weder in der Sauna noch sonst wo!

Knüpfen wir an dieser Stelle wieder an die oben ins Feld geführte Beschneidung als eine gesteigerte Form des Nacktseins an. Ich kann den Wunsch und Drang sehr gut nachvollziehen, ja es mitempfinden, wenn Menschen in der freiwilligen Beschneidung den Schmuck als die Lösung erkennen, weil die Beschneidung es ihnen ermöglicht, ohne den oben verhandelten Sichtschutz frei nackt sein zu können. Schließlich kann beim beschnittenen Penis die Vorhaut nicht wieder über die Eichel vorgezogen werden. Dann aber kann dem Beschnittenen auch nicht unterstellt werden, seine Eichel in unsittlicher Motivation freigelegt zu haben. Denn hier – und damit ist die oben genannte Aufforderung in der Umkleide und die darin zum Ausdruck gebrachte vorurteilsbehaftete Unterstellung wohl zu erklären – liegt die Krux der Sex-Nacktsein-Kopplung: Die Eichel ist quasi nur bei erigiertem Penis sichtbar (wenn sich die Vorhaut von selbst zurückzieht). Dass das nicht so sein muss, können wir alle lernen. Nicht anders, wie wir lernen können, auch ohne Badehose zu baden, auch ohne Kopftuch einzukaufen oder auch ohne Bikinioberteil sexy zu sein; oder eben auch, dass alles mit den genannten Dingen zu tun.

4. Nackt im Museum: Beschneidung in der Kunst

Eine derzeit aufkommende originelle Möglichkeit, Schmuck und Zierde nicht nur unter dem Deckmantel des Analogieschlusses zu leben, ist es, eine Museumsausstellung nackt zu besuchen. Und ja, es scheint ganz so, dass immer mehr Museen diesen Trend erkennen beziehungsweise selbst forcieren. Ohnehin stellt die Nacktheit ein großes Thema in der Kunst dar, die sich in unermesslich facettenreicher Art und Weise mit ihr auseinandersetzt. So soll die Kunst zeigen dürfen, was der Leib nicht zeigen darf …?, könnte man hier fragen.

Der folgende Erfahrungsbericht stammt von einem Museumsbesucher, der von dem Angebot Gebrauch machte, gemeinsam mit anderen völlig hüllenlos eine Kunstausstellung anzusehen:

Inzwischen habe ich mich endlich getraut, mich zumindest in einer Art „halböffentlichem“ Raum vollkommen nackt zu zeigen. Als ich davon erfuhr, dass es die Möglichkeit gab, die Kunstausstellung „Nudes“ in Münster nackt zu besuchen, habe ich mich sofort angemeldet. Im Foyer des Museums angekommen, überkam mich doch noch ein mulmiges Gefühl. Aber als es dann endlich so weit war und wir alle in den abgeschotteten Bereich gingen, um uns unserer Kleidung zu entledigen, hat es mir sehr geholfen, dass ich da einer von 100 Gleichgesinnten war. Es fiel mir leichter, als ich dachte, weil jeder so entspannt war und alle so unterschiedlich aussahen. Was mir aber leider auch auffiel: keiner war – zumindest soweit ich es erkennen konnte – beschnitten. Ich fühlte mich immer noch wie ein Exot.

Dennoch fühlte es sich normal an, völlig nackt durch die Ausstellung zu gehen. Die Museumswärter waren alle sehr entspannt und verhielten sich uns gegenüber nicht anders als gegenüber bekleideten Besuchern sonst. Auch die bekleideten Kunstvermittler waren offen und sehr interessiert. Einer meinte sogar, dass er die Führung eigentlich gerne selber nackt bestritten hätte, wenn es ihm von der Museumsleitung erlaubt worden wäre …

Was mir dann besonders gut gefallen hat, waren die Gespräche über drei Gemälde aus dem 20. Jahrhundert, die ich hier besonders hervorheben möchte. Auf diesen Gemälden ist jeweils ein männlicher Akt zu sehen anstatt wie sonst üblich eine nackte Frau. Einer dieser Akte wurde zudem aus dem Blickwinkel einer Frau angefertigt.

Auf dem ersten Gemälde, einem Akt von Ludwig Meidner, bietet sich der Mann passiv dem Betrachter auf dem Rücken liegend, mit gespreizten Beinen, geschlossenen Augen und völlig entblößten Geschlechtsorganen an. Im Gegensatz dazu stehen zwei Akte von Stanley Spencer und Silvia Sleigh, die den Körper im Gegensatz zu Meidner äußerst realistisch darstellen. Bei Spencers Akt „Leg of mutton nude“ sieht man ein älteres Paar mit faltiger Haut. Bei Sleighs „Paul Rosaro Reclining“ liegt das Modell zwar genauso wie bei dem Bild von Meidner auf dem Rücken und mit gespreizten Beinen da. Hier wirkt der stark behaarte, etwas schlaksige Mann aber nicht passiv: Seine Augen sind auf den Betrachter gerichtet. Bei beiden Akten wird durch die Anordnung der Blick des Betrachters direkt auf die Genitalien in der Bildmitte gelenkt. Diese sind sehr deutlich zu erkennen: Bei beiden Männern ist der Penis radikal beschnitten und Eichel, Schafthaut, Hodensack und Schambehaarung sind bis ins Detail ausgearbeitet.

Es war für mich dann auch eine besondere Erfahrung, völlig nackt vor diesen Akten zu stehen, gemeinsam mit einem weiblichen Kunstvermittler die Bilder zu betrachten und über das, was ich sehe und dabei empfinde, zu sprechen:

Ich betrachtete in diesem Moment ja nicht nur das Bild eines nackten Mannes. Ich, der ich in diesem Moment selbst nackt bin, fühlte mich beim Betrachten des Aktes von Paul Rosario auch vom Aktmodell selber beobachtet. Je länger und intensiver ich das Bild betrachtete, desto mehr fiel mir auf, wie genau Silvia Sleigh seine Genitalien darstellt. Der beschnittene Penis ist so detailliert ausgearbeitet, dass man den ausgeprägten Rand der Eichel und den Meatus ganz deutlich sehen kann.

Beim Selbstportrait von Spencer mit Ehefrau bildet der Maler seinen Penis so deutlich ab, dass man auf der Haut am Penisschaft sogar noch die Position der Beschneidungsnarbe erkennen und die Textur des restlichen inneren Vorhautblatts von der Schafthaut unterscheiden kann.

Als der Kunstvermittler mich fragte, was mir an diesen beiden Gemälden denn besonders gut gefällt, antwortete ich ganz offen, dass ich es großartig finde, dass der Penis der beiden genauso radikal beschnitten ist wie mein eigener. Als ich näher darauf einging, mit welcher Detailtreue alle Feinheiten ausgearbeitet sind, merkte ich, wie stolz ich darauf bin, selbst beschnitten zu sein, und wie leicht es mir aufgrund meiner Nacktheit auf einmal fällt, so offen über mein Beschnittensein zu sprechen.

Ein Museumsbesucher

Hier kommt ein entscheidender Aspekt ins Spiel: Du darfst als Naturist Genitalien als schön empfinden! Als Naturist bist du ein Mensch, der die Nacktheit als einen völlig normalen Zustand ansieht. Du darfst stolz auf dich und deinen Körper sein, du darfst dein Genital als schön empfinden und du darfst auch andere Menschen und ihr Genital betrachten und ihre Verschiedenartigkeit wahrnehmen. Und du darfst auch Freude daran haben, die Genitalien ganz genau zu betrachten und diese als schön zu empfinden, ganz unabhängig auch vom Geschlecht.

Selbstverständlich muss das mit Respekt und Zustimmung geschehen. Der Mensch, der sich hat malen lassen und im Kunstwerk im Museum zu sehen ist, der Akt, der im Internet oder in der Galerie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, wurde erstellt, um in den Dialog mit dem Betrachter zu treten. Es wäre schade, wenn dieser Dialog nicht zugelassen werden würde. Die heimlich gemachten Fotos eines Spanners, der eine Person ohne deren Einverständnis beobachtet, fotografiert und ins Netz stellt, haben diese Basis nicht und können nur verurteilt werden. Daher ist auch das Starren auf die Genitalien im naturistischen wie im nicht-naturistischen Umfeld nicht erwünscht.

5. Lähmende Bremsklötze: Scham und Angst vor Ablehnung

Du kennst wahrscheinlich diese Angst, die dich davon abhält, deinem Verlangen nach (vollkommener) Nacktheit nachzugehen. Vielleicht hat es auch damit zu tun, dass du beschnitten bist, ein deviantes Genital hast oder eines, das du aufgrund seiner binär gedachten Uneindeutigkeit gleich bei der Geburt verpasst bekommen hast. Deine Hemmung, dich vor anderen Menschen vollkommen entblößt zu zeigen, rührt grundsätzlich daher, dass in unserer Gesellschaft und Kultur das Zeigen des Genitals in der Öffentlichkeit gemeinhin als exhibitionistisch empfunden wird. Deshalb hast du Angst, in Konflikt mit dem Sittengesetz zu geraten, wenn du beispielsweise nackt mit deinen Hunden spazieren gehst. Selbst auf dem eigenen Grundstück bist du wahrscheinlich sehr auf der Hut, wenn du nackt bist.

Manche Jungen und Männer, die aus medizinischen Gründen beschnitten wurden, schämen sich häufig dafür, dass ihr Penis anders aussieht, und fühlen sich ganz unwohl, wenn sie nackt sind, während das vor der Beschneidung nicht unbedingt der Fall war. Früher in der Schule kannte ich einen Mitschüler, der sich nach dem Sport nicht mehr mit seinen Mitschülern in die Dusche traute, nachdem er einmal wegen seines beschnittenen Penis gehänselt wurde.

Seitdem ich jemanden kenne, der sich freiwillig die Eichel durch eine radikale Beschneidung komplett hat freilegen lassen, ziehe ich selbst zuweilen meine Vorhaut öfter einmal zurück. Ich will dem Verlangen nachspüren und es selbst fühlen, wie es ist, wenn meine Eichel freiliegt und sie auch für andere sichtbar ist. Mein Bekannter hat seine Beschneidung nach eigener Aussage aus hygienischen und ästhetischen Gründen vornehmen lassen. Sein Körpergefühl habe sich stark verbessert. Dennoch habe er sich anfangs kaum getraut, seinen beschnittenen Penis vor anderen in der Sauna oder beim Duschen in der Umkleide zu zeigen, geschweige denn einfach nackt spazieren zu gehen. Selbst seine Familie wisse nichts davon. Aus Angst, abgelehnt zu werden ,habe er sich bisher nicht getraut, abgesehen von seiner Freundin mit anderen über die Beweggründe seiner freiwilligen Beschneidung zu sprechen.

Kleine Infobox

Wenn das innere und äußere Vorhautblatt komplett (also sowohl das innere als auch das äußere Vorhautblatt) entfernt werden, spricht man van von einer Low-Tight-Beschneidung. Radikale Beschneidung bedeutet, dass die Eichel immer vollständig exponiert ist, auch im schlaffen Zustand.

Es ist somit völlig nachvollziehbar, wenn du vielleicht Hemmungen hast, dich nackt zu zeigen, insbesondere vor Menschen, die dich noch mit Vorhaut kennen und ohnehin selbst Probleme mit der eigenen Nacktheit haben. So zählst du dich vielleicht zu denjenigen, die sich nicht trauen, offen zu ihrer freiwilligen Beschneidung zu stehen – und schon gar nicht zu ihrem Drang nach vollkommener Nacktheit. Möglicherweise mag deine Familie und dein ganzes soziales Umfeld von all dem nichts wissen, und du hast es bisher vermieden, das Thema anzusprechen und dich zu outen, weil etwa deine Mutter sich schon immer abfällig über beschnittene Männer geäußert hat und medizinisch nicht indizierte Vorhautbeschneidungen kategorisch ablehnt. Und von deiner Freundin weißt du, dass sie Nacktheit in der Öffentlichkeit pervers findet …

Vielleicht aber hast du dich bewusst und ganz freiwillig beschneiden lassen und nie negative Erfahrungen damit gemacht, es nie bereut und auch stets offen gesagt, dass es dir so einfach besser gefällt.

6. Mit leuchtender Eichel: Mut zur Nacktheit

Mit der der Gesetzesänderung 2012, die eine rituelle Beschneidung von Minderjährigen in Deutschland erlaubt (Beschneidungsgesetz), fällt es vielen Menschen, die sich insbesondere mit der Motivation nach vollkommener Nacktheit freiwillig beschneiden lassen wollen, leichter, über ihre Wünsche zu sprechen. Nun wollen sie nicht mehr nur die Vorhaut zurückziehen, um das Gefühl gesteigerter Nacktheit zu haben. Sie wollen diese Steigerung wirklich erfahren, sie wollen „richtig“ nackt sein. Und mit der Legalisierung einer medizinisch nicht indizierten Beschneidung sehen sie sich gestärkt, ihren Wunsch in die Tat umzusetzen.

Nun ist das Beschneidungsgesetz allerdings nicht auf Erwachsene gemünzt, sondern auf Kinder in einem Alter, in dem sie diesen Schritt oft nicht selbst entscheiden können. Ich selbst heiße das keinesfalls gut. Wenn eine Beschneidung nicht durch eine medizinische Notwendigkeit begründet werden kann, dann sollte man so lange warten, bis das betroffene Kind in einem Alter ist – und mag es auch erst nach einer gewissen Leidenszeit sein –, in dem es die Entscheidung selbst treffen kann. Weiter unten gehe ich auf diesen Aspekt noch einmal kurz ein. Zunächst aber zitiere ich eine Zuschrift, die die Schwierigkeit einer freiwilligen Beschneidung vor Augen führt:

Im Grunde ist es bedauernswert, dass ein Justizfall den Anlass dafür geben musste, dass in Deutschland im Jahre 2012 endlich ein Gesetz verabschiedet wurde, das die rituelle Beschneidung Minderjähriger explizit erlaubt. Damit wird jedem auch eine fachmännische ärztliche Behandlung garantiert, die keine riskanten rituellen Hinterhofbeschneidungen mehr notwendig macht, oder man ist nicht mehr gezwungen, zur Beschneidung ins Ausland auszuweichen. Das Gute an dem Beschneidungsgesetz ist, dass in Deutschland nun allen Minderjährigen die Möglichkeit geboten wird, aus prophylaktischen, hygienischen oder rein ästhetischen Gründen eine nicht-medizinisch indizierte, das heißt freiwillige Beschneidung durchführen zu lassen. Für mich war die damalige kontroverse Diskussion auch ein Grund, den Eingriff eigens in einem ambulanten Zentrum für rituelle Beschneidungen vornehmen zu lassen und damit auch ein kleines Zeichen für eine offenere Gesellschaft zu setzen. Ich war sehr stolz, als der muslimische Arzt mir nach dem Eingriff zu meiner Beschneidung gratulierte. Ich hoffe, dass uns dann auch in naher Zukunft das Recht auf Nacktheit in der Öffentlichkeit gesetzlich garantiert wird.

Von vielen wird die Beschneidung als Genitalverstümmelung gebrandmarkt und kategorisch abgelehnt. Als ich nach meiner Beschneidung in der Umkleide darauf angesprochen wurde und sagte, dass ich das freiwillig machen ließ, erntete ich dafür keinerlei Verständnis. Wenn mich heute einer danach fragt, antworte ich mit einer medizinischen Notwendigkeit, was ich aber auch als demütigend empfinde. Schließlich litt ich nicht an einer Phimose oder anderem, was eine Beschneidung notwendig gemacht hätte. Ich litt an dem Gefühl, darin gefangen zu sein, keine vollkommene Nacktheit in meinem Leben erfahren zu dürfen. So bin ich zwar nun einen Schritt weiter, indem ich mich beschnitten traue, vor anderen nackt zu sein. Allerdings beschämt es mich jetzt selbst, nicht offen zur eigentlichen Motivation meiner Beschneidung zu stehen.

Ein Betroffener

Genau das ist der Punkt: Zu einer so offensichtlichen Entscheidung solltest du stehen. Nur durch die Gewissheit, dass du etwas gemacht hast, das dich in deiner Entwicklung weiterbringt, und nur, indem du dies auch so vertrittst, nimmst du dein inneres Kind in Schutz vor der Reaktion anderer, die diesen Entschluss nicht verstehen können. Deshalb ist es immens wichtig, dass du in der Diskussion mit Andersdenkenden ein Verständnis für deine Entscheidung erzeugst.

Dein peinlichster Moment war es vielleicht, als du nach der Beschneidung beim Abkühlen nach einem Mentholaufguss auf dem Weg zu den Duschen eine Erektion bekamst. Du wärst am liebsten im Erdboden versunken und hast seit dieser Erfahrung Hemmungen, dich ganz ohne Handtuch im Saunabereich zu bewegen. Nun ist sie aber da – deine Eichel. Schäme dich nicht für sie! Du wolltest sie doch ans Tageslicht holen! Natürlich ist eine Erektion in der Sauna oder beim Nacktsein unangenehm, aber wenn du damit natürlich umgehst und sie nicht demonstrativ zur Schau stellst, dann geht sie schnell wieder weg und keiner wird durch sie gestört.

Unverständnis, abwertende Blicke oder anfeindende Kommentare zu deinem Beschnittensein und die Furcht, ungewollt eine Erektion zu bekommen, halten dich davon ab, dich ganz nackt zu zeigen. Selbst beim Arzt spürst du gymnophobe Tendenzen. Das mag alles sein. Doch gleichzeitig findest du es spannend, dich auf eine Nacktwanderung zu begeben und beim Wandern auf Passanten zu treffen. Du möchtest dich ohne Hemmungen vor anderen nackt zeigen können, so wie du bist, und offen zu deiner Beschneidung stehen.

Spüre deinem Verlangen nach Nacktheit nach. Befreie dich von der dich daran hindernden Körperscham. Diskutiere, beschnitten oder nicht, über gesellschaftliche Normen, Zwänge, Vorurteile, Tabus und Intoleranz. In welchen Situationen machen sie Sinn und wann nicht? Erfülle deinen Wunsch, endlich ohne Scham vollkommen nackt vor andere treten zu können – mit jedem nur erdenklichen Makel, den du hast oder nicht hast. Halte den Blicken stand, liebe dich so, wie du bist. Das spüren deine Mitmenschen. Sie werden dich als selbstbewusster wahrnehmen, wenn du wie selbstverständlich außerhalb deiner Komfortzone mit deiner Botschaft leuchtest!

Wenn du dich deinem Gegenüber öffnest, dann wird dein Ich am Du des Anderen gestaltet (Martin Buber). In die gleiche Richtung geht es, wenn du dich dafür starkmachst, das Genital als natürlichen Teil des ganzheitlichen Körpers zu verstehen, und wenn du auch davon sprichst, dass Nacktheit nicht nur ein selbstgefälliger Wunsch ist, sondern vielmehr dazu dient, sich allgemein und ganz tief an den Wurzeln für mehr Toleranz und Freiheit sowie gegen Rassismus zu engagieren. Ist die eigene Nacktheit nicht ein sehr deutliches und authentisches Zeichen für deine Bereitschaft, andere nicht nur zu sehen, zu bewerten und zu beurteilen, sondern auf einer höheren Ebene selbst gesehen werden zu wollen? Nichts anderes ist es doch, wenn du dich nackt einfach pudelwohl fühlst und es nur um dich und dein Dasein als Mensch geht. In diesen Momenten tritt eine positive oder negative Bewertung in den Hintergrund und wird zweitrangig. Die Bewertung verliert ihre Macht – und genau das ist echte Freiheit.

Erfahre, wie es ist, sich vollkommen entblößt dem Blick der anderen zu stellen und mit ihnen darüber zu diskutieren, was sie dabei denken, wenn sie deinen nackten Körper betrachten. Ich denke, dass es sich ganz anders anfühlt, wenn man nackt über Nacktheit philosophiert und nicht in Kleidung, die so vieles von dir und deinen Gesprächspartnern im Verborgenen hält. So sagte schon Sokrates:

Würdest du, wenn du die anderen entblößt sähest, dich nicht neben ihnen ausziehen und ihnen deine Gestalt zeigen?

Platon, Theaitetos, 162b.

7. Kein Tabu mehr: Freiwillige Beschneidung

Die Beschneidung war in Deutschland in vielen Kreisen schon immer ein Tabuthema, und das insbesondere dann, wenn sie freiwillig erfolgt. Warum auch sollte die Vorhaut weg? Etwa weil du „noch nackter“ sein willst? Selbst bei medizinischer Indikation wie einer Vorhautverengung oder immer wieder auftretenden Entzündungen wird lange gezögert, eine chirurgische Zirkumzision zu veranlassen. Man versucht, das Problem mit Salben zu behandeln, um so eine Dehnung der Vorhaut zu erzielen. Manchmal entscheidet man sich zu einer Beschneidung sogar erst im Erwachsenenalter, nachdem man schon Jahre gelitten hat und sich dann letztlich doch dazu gezwungen sieht, sich einem Arzt anzuvertrauen.

Als Kleinkind hatte ich eine sogenannte physiologische Phimose, d. h., die Vorhaut war noch mit der Eichel verklebt und ließ sich bei mir erst mit etwa 3 Jahren vollständig zurückziehen. Meine Mutter machte sich große Sorgen, dass ich eventuell beschnitten werden muss, und versuchte alles, um die Vorhaut zu dehnen. Ich weiß noch, wie erleichtert sie war, als es dann endlich gelang.

Das Thema Beschneidung war seitdem vom Tisch. Obwohl ich in der Folgezeit bis zur Pubertät immer wieder an schmerzhaften Entzündungen an Vorhaut und Eichel litt, kam die Möglichkeit einer Beschneidung aus hygienischen Gründen nie bei mir auf. Ich war immer der Meinung, dass eine Beschneidung nur bei einer Phimose gemacht werde. So gesehen, hätte ich auch nichts dagegen gehabt, wenn ich bereits im Vorschulalter beschnitten worden wäre. Deshalb finde ich es gut, dass mit dem Beschneidungsgesetz von 2012 die Beschneidung von Minderjährigen ohne medizinische Indikation erlaubt ist. So hätte ich mich in meinem Fall auch ohne Zustimmung oder selbst gegen den Willen meiner Eltern mit 14 beschneiden lassen können.

Erfahrungsbericht

Der Schritt, sich beschneiden zu lassen, kann also völlig unabhängig von einem religiös motivierten Hintergrund in Betracht gezogen werden. Zuweilen erfolgt er aus einer vielleicht medizinisch nicht eindeutigen Indikation, die dennoch Anlass zu einem eingeschränkten Körpergefühl gibt, zuweilen aber auch schlicht und ergreifend aus völlig freien Stücken, etwa wenn du dich beschnitten insgesamt als hygienischer und ästhetischer empfindest oder du dir damit ein intensiveres Körpergefühl erhoffst.

Das Unverständnis, dem man bei einem solchen Wunsch häufig begegnet, spitzt sich gerade im Zusammenhang mit der Verdrängung der Nacktheit an den gesellschaftlichen Rand zu. Die Beschneidung an sich ist bereits ein sensibles Thema. Geschieht sie freiwillig, gar aus der Lust an einem gesteigerten Gefühl des Nacktseins, dann trifft dieses Ansinnen zuweilen auf Empörung, meist aber auf Scham und schweigende Tabuisierung: Himmel hilf, wenn alle Welt erfährt, dass du dich des Gefühls vollkommener Nacktheit wegen aus freien Stücken beschneiden lässt!

Und schließlich musst du noch einen Arzt finden, der bereit ist, die Beschneidung nach deinen Wünschen durchzuführen. Es gibt sicherlich Ärzte, die sich weigern, einen nicht medizinisch notwendigen Eingriff vorzunehmen. Oder ein anderer versteht nicht, was du mit einer hohen Beschneidung meinst, und möchte an dem Festhalten, was er in seiner Ausbildung gelernt hat, nämlich so zu beschneiden, dass die Narbe in der Eichelfurche zu liegen kommt. Das Problem hierbei ist, dass damit das sensiblere innere Vorhautblatt komplett entfernt wird, weshalb einige Männer über Gefühlsstörungen klagen und mit ihrer Beschneidung unglücklich sind. Das ist auch einer der Hauptgründe, dass die Beschneidung immer noch einen schlechten Ruf hat.

Andererseits muss eine solche Erfahrung nicht unbedingt am Arzt liegen. Viele Urologen gehen ganz locker und völlig vorurteilsfrei mit deinen Beschneidungswünschen um. Sie fragen dich, ob du dir diesen Schritt gut überlegt hast, denn ab ist ab. Manche fragen sogar fürsorglich, ob sie das Frenulum-Bändchen auch entfernen sollen. Sie sind also oft ganz offen und transparent. Es kann durchaus sein, dass du selbst es bist, der das Gespräch als peinlich empfindet und seine Wünsche nicht offen kommunizierst. Unter diesen Umständen ist es auch für den Urologen schwer, dich gut zu beraten und auf deine wirklichen Wünsche einzugehen. Erfahrungsgemäß braucht es aber ohnehin oft Zeit, bis du dich überwunden hast, einen Urologen auf den Wunsch einer Beschneidung anzusprechen.

Eine hohe Beschneidung, wie sie in den USA durchgeführt wird, hat keine negativen Auswirkungen auf das Empfindungsvermögen. Es kommt eben auch darauf an, dass man einen erfahrenen Arzt findet, der nicht nur über ein breites Wissen, sondern auch über handwerkliches Geschick und ausreichend Empathie verfügt. Da die Beschneidung in Deutschland jedoch eher selten ausgeführt wird, haben nicht alle Urologen genug Erfahrung und Routine, um ein ästhetisch wirklich ansprechendes Resultat zu erzielen. Noch heute wird selbst die medizinisch indizierte Beschneidung von vielen als eine unnötige Maßnahme gebrandmarkt, die von „raffgierigen“ Ärzten nur wegen des schnell verdienten Geldes bedenkenlos durchgeführt wird. All diese Umstände sollten dich aber nicht davon abhalten, dir in guter Absicht einen guten Arzt zu suchen.

Vor allem aber verbreiten Beschneidungsgegner oft Parolen in Internetforen, mit denen sie die Zirkumzision als „barbarische steinzeitliche Tradition“ verteufeln, die von fremden Ethnien, Kulturen und Wüstenreligionen praktiziert werde, da sie „in ihren Heimatländern kein Wasser haben, um sich den Penis richtig zu waschen.“ Hat man die Beschneidung als Eingriff dann in einer solch kruden Mischung aus Rassismus und Kulturalismus externalisiert, wird die Klage erhoben, dass „diese Genitalverstümmelung nun auch noch nach Deutschland importieren werden soll.“ Damit steht die Abwehrfront, und es spannt sich der Bogen zur oben geschilderten Erfahrung in der Sauna, wo ich ein Gespräch mit einer extremen rechtspolitischen Gesinnung auf Stammtischniveau mitanhören musste.

8. Nackt und beschnitten: Ein Rückblick

Mit deinem Wunsch nach Nacktheit bist du nicht allein. Und dass du diesen Wunsch durch eine Beschneidung sogar noch steigern willst, ist durchaus verständlich. Das Gefühl kann man auch dann nachvollziehen, wenn man für sich selbst keine Beschneidung will. Ich persönlich kann den Wunsch nach einem Zustand absoluter Nacktheit sehr gut nachempfinden, ziehe eine Zirkumzision für mich aber nicht in Erwägung. Dennoch war es nicht nur spannend, sondern hat sich auch gelohnt, mir in einer Angelegenheit Gedanken zu machen, die mich nur zum Teil oder indirekt betrifft. Genau diese Bereitschaft, sich empathisch in die Belange anderer Menschen hineinzuversetzen, ist in unserer Gesellschaft chronisch unterentwickelt. Dabei stellt genau das eine enorm wichtige Kompetenz dar, wenn es darum geht, unsere hochgehaltenen Werte wie Freiheit und Toleranz nicht unversehens untergraben zu lassen.

Ist dir selbst, lieber Leser, die Verwobenheit von Nacktheit und Beschneidung schon einmal in den Sinn gekommen? Hast du mit dem einen oder anderen Gedanken bereits gespielt, ahntest aber nicht, dass sie auch in ihrem Zusammenhang betrachtet werden können? Oder bist du vielleicht für dich schon so weit, dass du meinst, dich erst dann wirklich nackt zu fühlen, wenn du dich deiner Vorhaut entledigt hast?

Manche Menschen, die aufgrund einer Phimose bereits als Jugendliche beschnitten werden mussten, fühlen sich durch den Verlust ihrer Vorhaut sehr nackt und ungeschützt. Das kann nicht gewollt sein. Sie schämen sich und vermeiden es, in der Umkleide von anderen nackt gesehen zu werden. Das entspricht dem, wie viele sich fühlen würden, wenn sie plötzlich in der Öffentlichkeit ohne Kleidung dastünden. Nun ist es das gute Recht eines jeden Menschen, für ihn peinliche und unangenehme Situationen zu vermeiden. Doch warum sollte dieser Sachverhalt, zu dem sich im öffentlichen Vernehmen nach jeder bekennt, nicht einmal umgedreht werden? Denn was ist mit denjenigen Menschen, die die (vollkommene) Nacktheit suchen? Und was mit jenen, die es so sehr tun, dass sie eine Möglichkeit, das Gefühl des wirklichen Nacktseins zu erfahren, in der Beschneidung ihres Penis finden?

Ich sage es frei heraus: Ich selbst spiele zwar nicht mit dem Gedanken einer Beschneidung, doch im Grunde ist es bei meinen Nacktwanderungen ohne „Notfallhose“ oder Rucksack auf dem Rücken genauso: Ich fühle mich nur dann richtig nackt, wenn ich unterwegs nicht die Möglichkeit habe, bei „Gefahr“ mir schnell etwas überzuziehen. Lasse ich also Notfallhose und Rucksack zu Hause oder im Auto, untermauere ich meinen Entschluss, jetzt und hier wirklich ganz nackt zu sein. Denn so gibt es dazu keine Alternative. Das verleiht mir ein Gefühl der natürlichen Nacktheit. Sie muss in meinem persönlichen Fall auch nicht durch die Maßnahme einer Beschneidung gesteigert sein. Ich genieße schlichtweg das entschlossenere Gefühl der Freiheit. Ich genieße die warme Luft, wie sie meinen Penis und meinen Po umspielt. Ich genieße die Sonnenstrahlen, wie sie durch das dicke grüne Laub bei blauem Himmel auf mich fallen. Dann fühle ich mich genau richtig! Mit einer Hose im Gepäck und der Angst vor einer Begegnung mit Passanten im Nacken wäre ich hingegen nicht mehr nackt.

Halten wir also fest:

Die Beschneidung kann ein Ausdruck vollkommener Nacktheit sein. Mit und in ihr fühlen manche Menschen hygienische Reinheit und wirkliche Freiheit und damit verbunden Offenheit, Respekt und Toleranz gegenüber anderen Menschen und der Natur.

Lesen wir noch, was ein Mensch von seiner persönlichen Erfahrung mit seiner Beschneidung, die er freiwillig durchführen ließ, berichtet:

Durch die Intimrasur verliert das Genital den Sichtschutz und damit seine mystische Aura. Durch die Beschneidung wird auch noch das intimste Körperteil des Mannes offengelegt. Wir geben den Blick frei, haben nichts mehr zu verbergen und können alles noch intensiver spüren. So wie man es als Naturist genießt, nackt Wind, Sonne und Wasser am ganzen Körper zu spüren und nicht in Kleidung eingezwängt zu sein, so stellt sich infolge der Beschneidung noch eine gesteigerte Form der Nacktheit ein. Die normalerweise von der Vorhaut umschlossene Eichel, eingepfercht in einem feuchten Milieu, ist nicht richtig im Stande, die Umgebung wirklich zu spüren. Erst wenn sie von der Vorhaut befreit ist, kommt sie ans Licht, und erst dann ist man wirklich im Stande, die Umgebungsreize in ihrer vollen Intensität zu erfahren.

Erfahrungsbericht

Jemand anderes kam mit einer Mutter ins Gespräch, die ihren Sohn beschneiden ließ:

Eine Bekannte, sehr konservativ-religiös, aber sehr naturverbunden, sprach mal mit mir über den Penis ihres kleinen Sohnes. Sie sagte, sie habe durch ihn gemerkt, wie schön und natürlich ein beschnittener Penis ist, und fragte, wie ich das finde. Sie betonte genau diesen Punkt, dass ihr Sohn dadurch komplett nackt sei und dass es sie nachdenklich mache, ob Beschneidung nicht auch Ausdruck einer freien Persönlichkeit und des Vertrauens zu anderen Menschen ist, unter denen man sich nackt zeigt.

Ein Forenbeitrag auf beschneidung.com

Ich persönlich frage mich aber schon, warum diese Frau ihren Sohn beschneiden ließ. War die Beschneidung vom Sohn aus freien Stücken gewünscht, dann ist sie sicher Ausdruck einer freien Persönlichkeit und, wenn er sich damit anderen zeigt, auch ein Zeichen des Vertrauens gegenüber anderen Menschen. Allerdings scheint das bei diesem Jungen nicht der Fall gewesen zu sein, weshalb ich mich entschieden gegen eine unfreiwillige Beschneidung aussprechen möchte. Davon abgesehen liegt im Gespräch mit der Mutter aber ein Aspekt, der vielen Menschen offenbar wichtig zu sein scheint: Die Beschneidung kann, wenn sie freiwillig und gut überlegt, ja vielleicht nach einer gewissen Leidenszeit geschieht, eine Steigerungsform der Nacktheit sein.

Und ganz zum Schluss mein persönliches Statement, das ich als Flucht in die Öffentlichkeit verstanden wissen möchte:

Ich empfinde meinen Penis als Schmuck! Er gefällt mir! Warum sollte ich ihn verstecken? Es ist für mich ein großartiges Gefühl, wenn ich mich nicht für ihn schämen muss. Wenn ich an ihm den lauen Frühlingswind spüre, wie er da baumelt – oder manchmal auch nicht, wenn er sich zu sehr zusammenzieht. 😊

Wichtig ist dabei: Jedem Menschen steht dieses Gefühl zu. Es für sich ohne Scham erleben zu dürfen, ist ein Menschenrecht.

9. Kommentare

 

4 Kommentare

  1. Für mich war die Beschneidung (aus gesundheitlichen Gründen) definitiv eine Steigerung der Nacktheit. Ich war als Kind schon gerne nackt, zog heimlich am Abend im Bett meinen Schlafanzug aus, um dieses Gefühl genießen zu können.

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  2. Ich habe mich freiwillig mit 35 Jahren radikal beschneiden lassen und bin seit meiner Pubertät immer glatt rasiert bzw. habe anfangs die Schamhaare stark gestutzt, so dass ich im Alter von 20 Jahren bei einem Hautarzt auf Unverständnis stieß, weil ich den Schambereich glatt rasiert hatte. Diese Meinung konnte ich damals Seiten des Arztes nicht nachvollziehen, da ich mich sauberer fühlte. Seit der Pubertät habe ich die lästige Vorhaut immer zurückgezogen getragen und fühlte mich viel freier. In der Sauna und beim FKK haben mich radikal und stramm beschnittene Penisse fasziniert. Seit meiner Beschneidung fühle ich mich nun völlig frei, vor allem wenn die Luft, der Wind oder das Wasser meine nun ständig freiliegende Eichel streicheln. Auch als Nacktschläfer ist es ein tolles Gefühl, wenn die Eichel mit der Bettdecke in Berührung kommt. Freier kann man sich nicht fühlen ohne Vorhaut. Ich habe nun nach 32 Jahren diesen Schritt keinen Tag bereut und kann allen nur raten sich zur Beschneidung zu entscheiden, wenn sie dieses freie Gefühl spüren möchten. Mit 50 habe ich mir zur Vollendung des Gesamtgefühls einen Prinz Albert und eine Jakobsladder piercen lassen.

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  3. Hallo ich wurde mit 7 Jahren Beschnitten habe mir bis heute noch nie gedanken gemacht. Schämen für was?
    Wusste gar nicht das es Leute gibt, die sich deswegen schämen. Ich mache schon Jahre FKk.

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  4. …welch eine schöne auseinandersetzung mit diesem ~peinlichen thema.
    nacktsein habe ich mit dem beschnitt bislang nicht verbunden – aber etwas verwandtes: ausgeliefertsein. das teil des körpers, das die intensivsten gefühle erzeugen kann, ungeschützt allem auszuliefern, was an reizen von außen kommt, das empfinde ich (neudeutsch) als challenge. ein etwas härterer duschstrahl im schwimmbad auf die nackte eichel – und schon rührt sich da ein wenig. oder zb fkk-beachvolleyball: nackt herumzuspringen, also wenn die freie eichel gegen umgebende körperteile schlägt, auch dann regt sich was.
    wenn wir in einer körper- und sex-positiven gesellschaft leben würden, wäre das alles kein problem, es fühlt sich ja auch ganz gut an. aber mit ner halben (oder viertel…) erektion öffentlich rumzulaufen, gehört sich mindestens mal nicht, und dann denke ich, kommt noch ein wahrnehmungsfaktor hinzu: eine vorhautverpakte eichel wirkt inaktivert, unverdächtig, unschuldig. eine freigelegte eichel macht dagegen den eindruck der einsatzbereitschaft, der willigkeit. wobei es da, finde ich, auch noch eine graduelle steigerung gibt: je straffer der beschnitt, desto mehr kommt der erregungseindruck auf.
    so wird das (mein!) eigentlich schönes gefühl der vorhautfreiheit in manchen situationen dann doch negativ gebrochen.

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